Verheiratet und trotzdem glücklich
Seit mehr als 20 Jahren verheiratet, zwei gemeinsame Kinder und auch beruflich ein eingespieltes Team – Amelie Fried (54) und Peter Probst (54) haben ein Buch über die Ehe geschrieben. In „Verliebt, verlobt, … verrückt. Warum alles gegen die Ehe spricht und noch mehr dafür” machen sie sich Gedanken über Beziehungen mit und ohne Trauschein. Dazu gibt’s Einblick in das Leben des Ehepaars, Interviews mit Paartherapeuten, überzeugten Fremdgängern und einem lesbischen Paar sowie viele skurrile Bilder und Zitate.
AZ: Frau Fried, Herr Probst, was macht denn nun eine gute Ehe aus?
AMELIE FRIED: Eine gute Ehe bedeutet nicht, dass man keine Probleme hat. Das ist Quatsch. In jeder Beziehung gibt es auch mal Auseinandersetzungen. Die Frage ist doch, wie man damit umgeht. Ich glaube, da zeigt sich die Qualität einer Ehe. Wir können uns unheimlich heftig fetzen. Aber am Ende schaffen wir es immer, die Kurve zu kriegen und irgendwie eine Lösung zu finden mit der beide leben können. Man darf den Respekt vor dem anderen nicht verlieren, das ist wichtig.
PETER PROBST: Es geht auch darum, dass sich beide Teile als Persönlichkeit weiter entwickeln können. Und vor allem, dass beide das Gefühl haben, sich gemeinsam besser zu entwickeln als alleine. Wenn einer immer mit dem Gefühl lebt, er habe wegen des Partners Chancen im Leben verpasst, dann kann das keine gute Ehe werden.
Die meisten Hollywoodfilme hören mit der Hochzeit auf.
AMELIE FRIED: Dabei geht doch dann die Herausforderung erst los!
PETER PROBST: Oder die Qualität! Ehe ist ja immer auch Verzicht, aber zumindest unsere Ehe hat einen enormen Zugewinn an Möglichkeiten gebracht. Wir haben viele Dinge durch diese Verbindung realisiert, die wir sonst so nicht gemacht hätten.
AMELIE FRIED: Für mich gewinnt die Ehe mit den Jahren. Denn nur wenn etwas dauert, hat man die Chance, bestimmte Qualitäten zu entwickeln. Manches kann nur entstehen, wenn man zusammenbleibt und gemeinsam Krisen und Konflikte überwindet. So kommt man immer wieder auf eine neue Qualitätsstufe. Deswegen finde ich es schade, dass heute viele so schnell aufgeben. Da ist mal eine schwierige Phase – zum Beispiel weil man beim ersten Kind vieles nicht so läuft, wie man es sich mal erträumt hat – und schon schmeißen viele hin.
Ein Vorteil der Ehe ist also, dass man einen größeren Aufwand hat, sich zu trennen?
PETER PROBST: Der Aufwand eine Ehe einzugehen ist ja deutlich größer als zu sagen, wir gehen miteinander. Wenn man schon den Aufwand betreibt, sollte man nicht bei den kleinsten Schwierigkeiten hinschmeißen. So abgedroschen es ist, aber: in guten, wie in schlechten Tagen. Man muss bereit sein, die schlechten Tage auszuhalten. Eine Ehe ist eine Serie, die lange läuft, kein One-Hit-Wonder.
Wird die Ehe womöglich zu sehr idealisiert?
AMELIE FRIED: Ja! Viele haben die Einstellung: Der andere ist dazu da, mich glücklich zu machen. Aber das ist naiv – keiner ist dafür da, den anderen glücklich zu machen. Man erlebt und erarbeitet doch gemeinsam etwas, das beide glücklich macht.
PETER PROBST: Für uns ist die Ehe ein gemeinsames Werk, etwas, das wir jeden Tag gemeinsam gestalten.
Heute muss man nicht mehr heiraten – es gibt keine rechtlichen und gesellschaftlichen Gründe mehr. Warum sollte man doch noch heiraten?
AMELIE FRIED: Keiner muss heiraten! Aber ich finde die Idee schön, sich verbindlich und für alle erkennbar zu einem Menschen zu bekennen. Dass man auch nach außen zeigt: das ist der Mann, den ich gewählt habe und der mich gewählt hat und wir wollen gemeinsam durchs Leben gehen.
PETER PROBST: Für uns spielten weder finanzielle, noch konventionelle, soziale oder religiöse Gründe mit. Die Ehe sollte unsere Beziehung zu etwas Besonderem machen und sie von den vorherigen abheben.
So ein Buch ist ein großes Projekt – wie war es, gemeinsam daran zu arbeiten?
PETER PROBST: Enttäuschend!
AMELIE FRIED: Also, was soll das denn heißen?
PETER PROBST: Wir hätten uns eigentlich gewünscht, dass es mal richtig kracht, damit wir das auch beschreiben können. Aber das ist nicht passiert. Wir haben uns gut aufgeteilt. Und so funktioniert auch unsere Ehe. Wir sind arbeitsteilig, in der Ehe wie im Buch.
AMELIE FRIED: Das Konfliktpotential haben wir auch dadurch gemindert, dass es manche Geschichten gibt, zu der zwei Versionen existieren. Jeder hat dann seine Sicht der Dinge geschildert…
PETER PROBST: Wenn Amelie schreibt „Sex wird überschätzt” muss ich natürlich „Sex wird unterschätzt” dagegensetzen!
Mit welcher Intention haben Sie das Buch geschrieben?
PETER PROBST: Das Buch soll keine Werbung für die Ehe sein. Wir sind nicht als Ehe-Missionare unterwegs. Dafür haben wir zu viele Menschen gesehen, die an dem Konzept der Ehe gescheitert sind.
AMELIE FRIED: Und es soll kein Ratgeber sein! Das maßen wir uns nicht an.
PETER PROBST: Es soll eine unterhaltsame Bestandsaufnahme sein – welche Formen des Zusammenlebens gibt es, was spricht für die Ehe, trotz alle dem? Was hat sich verändert? Was sind die lustigen, die skurrilen Seiten? Was die dunklen Seiten? Das Buch bildet die Ehe in Deutschland ab.
Wie entwickeln sich Ehe und Lebenspartnerschaft?
AMELIE FRIED: Ich glaube, es ist gerade jetzt ein gesellschaftlicher Umwälzungsprozess im Gang – das sehen wir bei der Diskussion über die Gleichstellung der Homo-Ehe. Im Buch gibt es ein Interview mit den beiden Frauen mit Kindern, die exakt die Probleme ansprechen, die gerade diskutiert werden. Und wir hoffen, dass es da einen Fortschritt gibt. Dann wird vielleicht auch endlich dieses schwachsinnige Ehegattensplitting gekippt und macht Platz für ein Familiensplitting. Es wird sich viel ändern, da bin ich mir sicher.
Amelie Fried und Peter Probst stellen „Verliebt, verlobt… verrückt” (Heyne, 224 Seiten, 16,99 Euro) am 14.9.2012, 19 Uhr, im Kokon am Lenbachplatz vor
- Themen: