Urban Priol: Ein Versuch namens Horst
Urban Priol prüft mit neuem Programm im Circus Krone Kondition und Lachmuskeln
Seine Attacke gegen Polen hat er verloren, nachdem sich das ZDF offiziell für die Bemerkung in der Satiresendung „Neues aus der Anstalt“ entschuldigte, die Trauer über den bei einem Flugzeugabsturz getöteten und „in ganz Europa als Nervensäge belächelten“ Präsidenten Lech Kaczynski sei Heuchelei gewesen.
Bei der München-Premiere des aktuellen Programms „Wie im Film“ kübelte Urban Priol dann doch lieber Häme über den Lebenden aus. Leuchtende Augen bekam er bei der Vorstellung, der deutschen Elite würde eine solche Katastrophe passieren.
Der „Bundespräsidentenversuch“ Horst Köhler gehört traditionell zu den Lieblingsfeinden des Aschaffenburger Kabarettisten, und nach einem plötzlichen Ableben des Präsidenten „wäre eigentlich alles wie immer“. Schlimmer trifft es nur noch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ganz „Deutschland ins Koma regiert“. Ein kurzer Dialog zwischen Regierungschefin und Präsidenten in einem Hotelzimmer in „Scheinheiligensee“ bringt es auf den Punkt: Merkel auf dem Weg zur Minibar: „Ist da noch ein Kümmerling?“; Köhler in der Ecke: „Hier sitz ich doch!“. Dabei könne man von einer studierten Physikerin erwarten, dass sie wisse, „wie man träge Masse in Energie verwandelt“.
Energie ist nicht gerade das, was Priol fehlt. Gerne würde man wissen, was er in seinem Weißbierglas hat – alkoholfreies Weizen allein kann es nicht sein. Die Polit-Standup-Comedy im Circus Krone ist eine Stunde lang überwältigend. Wie nur wenige andere kann er so tagesfrisch die aktuelle Nachrichtenlage auf die Bühne bringen, um ganz spielerisch perfekt sitzende Pointen abzufeuern. Genial, wie er mit unermüdlicher Leidenschaft die Rhetorik der politischen Klasse als primitive Propaganda enttarnt. Aber wenn der nichtendenwollende Vortrag in die dritte Stunde geht, gibt Urban Priol den Fidel Castro des deutschen Kabaretts. Immerhin verspricht er keine besseren Zeiten. Die Botschaft des Maximo Cómico ist schlicht: „Wir sind nicht zu retten.“
Mathias Hejny
- Themen:
- Circus Krone
- Horst Köhler
- ZDF