Unsere Spielmänner im Drachen-Medley
Die Münchner Gruppe Schandmaul feiert das zehnjährige Jubiläum im Zenith
Angst hatte Schandmaul im seit Monaten ausverkauften Zenith vor zwei Dingen: Dem Versagen der Nerven und dem mangelnden Durchhaltevermögen der Fans, die aus ganz Deutschland mit einem Shuttle-Service angekarrt wurden. Denn die Mittelalter-Folkrock-Band aus der Münchner Umgebung hatte mit den Schandmaul-Jüngern viel vor. Sie wollte das Zehnjährige feiern als gäbe es kein Morgen. Nach fast dreieinhalb Stunden und über 35 Songs lautete das Fazit: Ziel erfüllt, auf zum nächsten Jubiläum – in der Olympiahalle?
Seit ihrem ersten Auftritt in einer Gröbenzeller Musikkneipe namens „Die Hexe" erspielten sich die Bayern in über 500 Konzerten einen Ruf als hervorragende Live-Performer. Unvergesslich ihr Akustik-Set mit Streichquartett im Circus Krone und die gewaltige Show beim Wackener Heavy Metal Festival, als sie auf der „Nebenbühne" 25000 Fans zum Kochen brachten. Nebenbei produzieren sie ein Top-Ten-Album nach dem anderen (zuletzt „Anderswelt") und unterstützen bayerische Nachwuchsmusiker.
Im Zenith blasen – nach einem Countdown – die Schandmäuler auf zwei Videoscreens die Geburtstagstorte aus und legen mit „Vor der Schlacht" los.
Mit durchdringendem Bass fesselt der charismatische Sänger Thomas Lindner die Menge und lässt sie bis zum Schlusssong „Dein Anblick" nicht mehr los. Zwischen heftigen Gitarrenriffs, eingängigen Refrains und zahllosen Tempowechseln stehlen dem glatzköpfigen Hünen aber die beiden weiblichen Bandmitglieder oft die Schau.
Gerade melancholische Rock-Balladen wie „Die Königin" – mit dem virtuosem Violine- und Drehleierspiel von Anna Katharina Kränzlein und Birgit Muggenthalers Flöte und Dudelsack – sind Glanzpunkte. Unterstützt werden sie dabei von drei Background-Sängerinnen und drei Streichern, die aus den Folk-Rockbands „Subway to Sally" und „Letzte Instanz" rekrutiert wurden.
Im Gegensatz zu ebenso erfolgreichen Kollegen wie „In Extremo" verzichtet Schandmaul angenehmerweise auf Mittelalterkult und krachende Feuershows. Bis auf ein paar Anleihen an mystische Sagenwelten wie ein „Drachenmedley" um Siegfried und Hagen von Tronje machen die Bayern einen Bogen um Spaß bremsenden Depri-Gothic-Mystizismus.
Vielleicht war deswegen auch das Publikum so bunt gemischt. Im Zenith tanzten bis zum Schluss Seite an Seite Normalos neben „Spielmännern" mit Federhüten und Fasanenfedern. Florian Koch