Überzeitliches Neandertal: "Wildnis und Casinos"
Deutsche Ersaufführung: In Halle 7 inszenierte Claus Peter Seifert „Wildnis und Casinos“ von Robert Woelfl
Kaum zu glauben, dass der Text bereits 2006, also zwei Jahre vor der Pleite der Lehman-Brothers, uraufgeführt wurde. Der Österreicher Robert Woelfl beschreibt in „Wildnis und Casinos“ mit unscheinbaren Dialogen einer Clique von Mittzwanzigern die Psychologie – wenn nicht sogar die Psychiatrie – der Profitmaximierung.
Rita (Natascha Heimes), Lucy (Elisa Ottersberg), Jana (Katharina Romanenko) und Carlos (Steve Walter) sind unterschiedlich weit in ihren Karrieren zwischen enttäuschter Praktikantin und drogensüchtigem Überflieger, während Nick (Andreas Mayer) ein Romantiker ist: Er hat in den Kauf einer Schatzkarte investiert. Und während sie im Business nach sich selbst und „Authentizität“ suchen, stellen sie verwundert fest: „Nur das Geld erlebt Abenteuer.“
Für die Deutsche Erstaufführung in Halle 7 hat Regisseur Claus Peter Seifert ein überzeitliches Neandertal erfunden. Seine Höhlenmenschen tragen Felle, kennen aber auch roten Spitzen-BH, Schatzinsel-Kostümierung, Kreditkarten und Kaufrausch. Die von einer Pipeline durchzogene Landschaft ist mit Filz gepolstert, als hätten die Ausstatter Elena Thodria und Frank Campoi mit Beuys gezecht. Die prähistorisierende Szenerie und das dezente Spiel der Darsteller sowohl mit Klischees „des Wilden“ als auch des Junior-Managements erzählen, dass das, was zu globalen Wirtschaftskrisen führt, so menschlich ist wie Jagen und Sammeln.
Mathias Hejny
Halle 7 (Kultfabrik), bis 7., 9., 10. Feb., 20 Uhr
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