Übers Hirn direkt ins Herz

Pünktlich zum Auftritt in „Wetten, dass...“ kommt eine neue Platte von Rolando Villazón mit Arien aus Opern von Georg Friedrich Händel heraus
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Pünktlich zum Auftritt in „Wetten, dass...“ kommt eine neue Platte von Rolando Villazón mit Arien aus Opern von Georg Friedrich Händel heraus

Mehr als einmal saust die Stimme im Kopfhörer hin und her. Rolando Villazón erscheint vor dem inneren Auge, wie er sich in die Musik hineinberserkert. Wenn der Mexikaner etwas macht, dann immer mit vollem Einsatz.

Tenöre haben außer in „Tamerlano“ auf der barocken Bühne nicht viel zu melden. Villazón wählte die goldene Mitte. Er singt die Arien des Bajazet aus dieser HändelOper, vermehrt um einen Ausschnitt aus „Rodelinda“ sowie tiefer gelegten Perlen aus „Ariodante“ und „Serse“, die eigentlich für Altkastraten komponiert wurden.

Für Villazón-Fans ist die Platte ein Muss, während sich Barock-Puristen eins grinsen werden. Natürlich passt sein italienischer Gesangsstil besser zur Musik des 19. Jahrhunderts. Und er verschmäht auch rhetorische Mittel nicht, wenn er den Mittelteil von „Scherza infida“ sozusagen mit zusammengebissenen Zähnen singt. Dafür werden die Koloraturen in „Dopo la notte“ zu einem leidenschaftlichen Ausdruck vermenschlicht, wie es einem Countertenor nie gelingen könnte.

Ein Mann singt Händel

Wer sagt eigentlich, dass Händel ohne jedes Testosteron von keuschen Briten wie Mark Padmore (harmonia mundi) oder Ian Bostridge (EMI) interpretiert werden muss? Letzter singt auf seiner Platte die gleichen „Ariodante“-Arien mit reicheren Nuancen, aber stets vom Manierismus bedroht. Villazóns Draufgängertum geht dagegen ohne Umweg übers Hirn direkt ins Herz.

Aber auch die Stimmkrise des 34-Jährigen liefert die CD ein paar Indizien: Leises wie die Arie „Così la tortorella“ wirkt in der Klangfarbe gedeckt statt wirklich leise gesungen. Wer aber Probleme mit dem Piano hat, dessen laute Töne werden erfahrungsgemäß kaum gesund gebildet.

Begleitet wird Villazón von den früher sehr kargen Gabrieli Players, die sich dem Star zuliebe ein kleines Ränzlein angefressen haben. Der DVD der ein paar Euro teureren Deluxe-Edition mit zwei bebilderten Arien ist zu entnehmen, dass es sich fast um eine reine Damenkapelle handelt. Die deutsche Banderole mit der abstrusen FSK-Freigabe ab 0 Jahren sagt alles über den Informationsgrad der beiden Interviews, in denen sich die Künstler gegenseitig loben.

Robert Braunmüller

Rolando Villazón, „Händel“, Deutsche Grammophon

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