Übernatürlich schön
Mit viel Gelassenheit: Zubin Mehta dirigierte im Herkulessaal das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Beim Symphonieorchester des BR ist er ein seltener Gast. Eine bewegende Aufführung von Bruckners „Te Deum“ haftet in der Erinnerung. Jetzt dirigierte der indische Maestro im Herkulessaal ein Programm, das ihm auf den Leib geschrieben war: die Orchesterstücke op. 6 von Webern, Schuberts „Unvollendete“ und die „Symphonia Domestica“ von Richard Strauss.
Mittlerweile ist Zubin Mehta in einem Alter, in dem er sich erlauben kann, Gelassenheit über spontane Exaltiertheiten zu stellen. Die Ruhe, mit der er den Kürzeln Weberns zu größtmöglicher Wirkung verhalf, überwältigte. Die geradezu unnatürlich wirkende Schönheit, zu der er das Orchester in der „Unvollendeten“ von Schubert überredete, irritierte dagegen. Klangwunder bei den Holzbläsern, die zarte Zurückhaltung der Streicher – das alles hat man so fein, so geschmackvoll und raffiniert ausbalanciert wohl selten gehört. Doch der Dramatiker Schubert geriet dabei ins Hintertreffen. Die BR-Symphoniker musizierten dessen ungeachtet hinreißend. Als wollten sie zeigen, dass die enthusiastische Zustimmung beim Gastspiel in Wien vor einigen Tagen nicht von ungefähr kommt.
Zum heiteren Beschluss die „Symphonia Domestica“, kein Werk für die Ewigkeit, aber eines, in dem Dirigent und Orchester eine Menge beweisen können. Etwa, dass sich auch die großen romantischen Stücke im akustisch fragwürdigen Herkulessaal ganz ohne Krach und dennoch klanglich überwältigend musizieren lassen. Karajan hat es einst mit der „Alpensymphonie“ vorgemacht. Zubin Mehta legte jetzt auf eindrucksvolle Weise nach.
Volker Boser
Für die Konzerte des Staatsorchesters am Montag und Dienstag unter Mehta im Nationaltheater gibt es noch Stehplätze