Tokio Hotel ganz homöopathisch
Er übernimmt nicht nur die Talkrunde von JBK sondern auch dessen Kochsendung. Die neue Allzweckwaffe Markus Lanz über das Jugendproblem des ZDF und seine Abgrenzung zu Johannes B. Kerner.
Nach dreieinhalb Jahren und 123 ZDF-Kochsendungen übergibt Johannes B. Kerner heute (23Uhr) seinen Kochlöffel an Markus Lanz. Ab Dienstag (22.45 Uhr) startet Lanz auch seinen neuen ZDF-Talk. Er läuft während Kerners Sommerpause bis zum 4. September.
AZ: Herr Lanz, warum der Wechsel von RTL zum ZDF?
MARKUS LANZ: Das war keine Entscheidung gegen RTL, sondern eine für das ZDF. Das Angebot war einfach sehr, sehr reizvoll. Aber natürlich war RTL immer eine gute Adresse.
Das ist jetzt nicht mehr so?
Ich glaube, die nächste Dekade gehört eher den Öffentlich-Rechtlichen. Fernsehen ist sehr teuer und die kommerziellen Sender leiden darunter, dass immer mehr Werbemillionen im Internet ausgegeben werden. Da sind die Öffentlich-Rechtlichen, die sich über Gebühren finanzieren, einfach in einer besseren Position. Das bedeutet aber auch mehr Verantwortung.
Schließlich müssen die Gebühren gerechtfertigt werden.
Ja, und die Schwierigkeit besteht darin, anspruchsvolles Programm zu machen und dennoch ein Massenmedium zu bleiben.
Sollen Sie nun das junge Publikum zum ZDF locken?
Es wäre naiv zu glauben, dass man sich Jugend kaufen kann. Die ARD hat’s mit Bruce Darnell versucht, funktioniert hat es nicht. Ein Sender muss sich treu bleiben. Würden wir nur noch die Tokio-Hotel-Fans ins Visier nehmen, bekämen wir Probleme.
Aber auch Tokio Hotel waren schon bei Kerner zu Gast.
Ja, als ein Baustein in einem größeren Rahmen. Tatsächlich aber waren das nicht unbedingt die quotenstärksten Sendungen. ZDF-Zuschauer brauchen Tokio Hotel in homöopathischen Dosen. Es nützt ja nichts, eine coole Clubparty auf Ibiza zu schmeißen, wenn die Gäste mit dem Bus in den Schwarzwald abgebogen sind.
Hat das ZDF jetzt also einen zweiten Johannes B. Kerner?
Als Kopie aufzutreten wäre fatal. Nein, es geht darum, sich selbst treu zu bleiben. Einen Moderator zu spielen, geht immer schief.
Wie wollen Sie sich unterscheiden?
Bewusst geht das gar nicht. Ich werde einfach ich selbst bleiben, mit all den Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt. Kürzlich rief mich ein Freund an und sagte, Mensch, du hast neulich in einer Talkshow so böse geguckt. Daraufhin sagte ich ihm: Dann war mir wohl danach. Ich mach’ mir darüber keine Gedanken.
Wer sind die Gäste in der ersten Sendung?
Unter anderem Verona Pooth. Ein Thema wird auch „Eschede“ sein. Dazu haben wir Udo Bauch eingeladen, der bei dem ICE-Unglück schwer verletzt wurde. Außerdem ist der Trauma-Experte Dr. Georg Pieper zu Gast.
Ist der Sender-Wechsel mit einem Umzug verbunden?
Nein, ich lebe weiterhin in Köln. Ich hätte sonst Angst, meinen Sohn aus den Augen zu verlieren.
Sie übernehmen auch Kerners Koch-Show. Können Sie gut kochen?
Ein Meister bin ich nicht.
Was prädestiniert Sie dann für den Job?
Durch meine Arbeit zum Buch über Horst Lichter habe ich all die Spitzenköche nicht nur kennen, sondern vor allem schätzen gelernt.
Stichwort Tomate-Mozzarella. Haben Sie damit früher wirklich die Frauen verführt?
Das war nur ein Spaß. Aber tatsächlich ist in den 80ern irgendwann jeder noch so verträumte Sozialpädagogik-Student im 37. Semester auf den Trichter gekommen: mit Tomate-Mozzarella läuft’s.
Kriegen Sie heute mehr hin?
Ich habe gerade gestern ein Dessert von Schuhbeck nachgekocht. Das Tolle ist ja, dass die mit ganz einfachen Mitteln zaubern. Sahne aufschlagen, Mangosaft rein, frische Erdbeeren dazu – ein Traum. Tomate-Mozzarella ist dagegen ziemlicher Käse.
Wer guckt Kochsendungen?
Gar nicht unbedingt Menschen, die gerne kochen, aber solche, die gerne essen. Bei uns kommen die Zuschauer mit ihrem eigenen Besteck ins Studio. Nach der Sendung stürzen sie auf die Bühne und das Kalbsfilet von Johann Lafer übersteht meistens keine 30 Sekunden.
Angelika Kahl
- Themen:
- ARD
- Johannes B. Kerner
- RTL
- Verona Pooth
- ZDF
