„Thüringen wollte ein Austrittsrecht“

Im Sat 1-Zweiteiler "Die Grenze" wird Mecklenburg-Vorpommern zur kleinen DDR. Ist die Abspaltung eines Bundeslands bloße Fantasie? Die AZ hat bei Ulrich Battis, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin nachgefragt
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Im Sat 1-Zweiteiler "Die Grenze" wird Mecklenburg-Vorpommern zur kleinen DDR. Ist die Abspaltung eines Bundeslands bloße Fantasie? Die AZ hat bei Ulrich Battis, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin nachgefragt

AZ: Professor Battis, wie realistisch ist das Szenario, das der Zweiteiler „Die Grenze“ entwirft?

ULRICH BATTIS: Dass es nicht völlig unrealistisch ist, sieht man daran, dass bei den Beratungen zum Entwurf der Verfassung von Thüringen die damalige Fraktion der Linken Liste ausdrücklich ein Austrittsrecht aus der föderativen deutschen Bundesrepublik vorgeschlagen hat. Man hat es dann schließlich abgelehnt, aber es ist diskutiert worden.

Und schließlich gab es in der Geschichte ja auch immer wieder Abspaltungen...

Natürlich, denken Sie an den Zerfall von Jugoslawien und die derzeitige sehr umstrittene Situation von Südossetien, oder die friedliche Scheidung von Tschechien und der Slowakei.

In „Die Grenze“ kommen mit der wirtschaftlichen Notlage radikale Kräfte an die Macht. Das kennen wir ja schließlich auch, oder?

Ja, und in der Weimarer Republik gab es beispielsweise sehr starke Kräfte, die mit der Unterstützung Frankreichs eine Abspaltung des Rheinlandes forderten.

Was würde passieren, wenn Bayern per Volksentscheid beschließt, sich vom Rest der Republik abzuspalten?

Das wäre unzulässig. Nach dem jetzigen Recht ist nicht entscheidend, was Bayern will. Es müsste im Einverständnis mit dem Bund geschehen. Und das klappt in den seltensten Fällen. Das ist das, was wir heute im Baskenland erleben: Separatisten wollen einen eigenen Staat gegen die Mehrheit des Staates und greifen zur Gewalt. Interessant ist aber, dass Bayern, als das Grundgesetz verabschiedet worden ist, dagegen gestimmt hat. Das System war den bayerischen Abgeordneten nicht föderalistisch genug, sie wollten noch mehr eigene Rechte. Aber sie wussten auch, dass es auf ihre Stimme nicht mehr ankam, da eine Zweidrittel-Mehrheit bereits zustande gekommen war.

Glauben Sie, dass der Zweiteiler die Menschen für bestimmte Gefahren sensibilisieren könnte?

Als TV-Konsument, nicht als Jurist, kann ich sagen, der Film ist doch ziemlich moralisch. Da werden durchaus mit Anspruch hohe Werte verhandelt. Insofern hat er auch einen gewissen erzieherischen Zweck.

Angelika Kahl

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