Theaterdonner
Die Dramaturgie ist verlässlich: Wenige Wochen vor Beginn der Salzburger Festspiele bricht ein Skandal los. In diesem Jahr gibt es zwar einen neuen Intendanten und auch sonst einige Neuerungen. Alles andere als neu allerdings ist der Streit ums Geld, den Alexander Pereira nun vom Zaun bricht. Wobei wiederum die Summen doch in neue Höhen schießen. 64 Millionen Euro will der neue Intendant fürs nächste Jahr budgetieren, das Kuratorium will nur 60 Millionen genehmigen.
Dabei sei schon alles ausfinanziert, erklärt Pereira im Interview mit den „Salzburger Nachrichten“, mit mehr Karten zum Beispiel und neuen Sponsoren. Der renommierte Kulturmanager, der als langjähriger Chef dem Zürcher Opernhaus großes Renommee und finanziellen Erfolg beschert hat, ist in Salzburg mit einem rasanten Wachstumsprogramm gestartet. Die Festspiele beginnen eine Woche früher mit einem „geistlichen Vorspiel“, es werden 20 Prozent mehr Karten aufgelegt, im Schnitt steigen auch die Preise.
Im kommenden Jahr will der Intendant noch mehr bieten. Das Kuratorium aber, das Aufsichtsgremium über die Festspiele, bremst. Und Pereira schimpft: „Jetzt lege ich für 2013 ein Budget vor, das eine Million Euro Überschuss ausweist, der durch die tatsächlichen Karteneinnahmen vermutlich verdoppelt wird. Dafür muss ich mich jetzt entschuldigen! Verstehen Sie, dass ich verzweifle an diesem Misstrauen?“
Pereira plant für 2013 eine ausgiebige Würdigung zum jeweils 200. Geburtstag Giuseppe Verdis und Richard Wagners – also mehr Opern, also mehr Künstlergagen, erklärt er. Das ist ein Teil des dann noch weiter erhöhten Budgets. Stein des Anstoßes aber ist offenbar eine Herzensangelegenheit des Kulturmanagers: Er will ein Kinder-Musikprojekt aus Venezuela nach Salzburg einladen.
Das Projekt „El Sistema“, das 1975 von dem Komponisten und Musikpädagogen José Antonio Abreu initiiert wurde, ermöglichte bisher Hunderttausenden Kindern, ein Instrument zu lernen und in Orchestern zu spielen. Nun sollen mehrere hundert Kinder während des Festspielzeit nach Salzburg kommen, denn Pereira will das Projekt „in seiner Breite vorstellen“, wie er sagt.
Pultstars wie Simon Rattle, Gustavo Dudamel und Claudio Abbado werden das Spitzenorchester von „El Sistema“ dirigieren. Die Kinder und Jugendlichen sollen aber auch gemeinsam mit einheimischen Kindern musizieren. Das ganze Projekt soll 2,7 Millionen Euro kosten und soll, wie der Intendant vorrechnet, von Sponsoren finanziert werden.
Dem Kuratorium ist Pereiras Wachstumskurs zu rasant. Außerdem fürchtet das Gremium, die Kunst mache sich zu sehr von Sponsoren abhängig. Vorsitzender Wilfried Haslauer erklärt, die vorgelegten Pläne würden einen Budgetsprung von 25 Prozent innerhalb von zwei Jahren bedeuten. „Das Kuratorium will geplanteres, konstanteres und langsameres Wachstum. Daher haben wir einstimmig verlangt, ein Budget in der Höhe von maximal 60 Millionen Euro vorzulegen. Mehr werden wir nicht genehmigen.“
Der neue Intendant, dem ein Ruf als kluger Rechner mit hoher Affinität zu freigebigen Sponsoren vorauseilt, zeigt sich kampflustig: „Dieser Streit wird entweder dazu führen, dass ich aufhöre, oder dass sie das zähneknirschend genehmigen“, sagte er den „Salzburger Nachrichten“. Den Salzburgern wirft er Zögerlichkeit vor: „Aber ich bin überzeugt, dass ich zeigen kann, dass es eine Alternative gibt zur Ängstlichkeit.“
Fünf Wochen vor Festspielbeginn hat Pereira damit den österreichischen Medien gegeben, was sie brauchen: Den Skandal zum Auftakt. „Schlammschlacht statt Glamour“ sieht bereits der „Kurier“: „Wenn man Pereira zum Chef macht, weiß man, was man kriegt: einen Gambler, der nach den Sternen greift,“ kommentiert das Massenblatt. Was diese Sterne kosten dürfen, wird sich am 26. Juli zeigen. Dann ist die nächste Kuratoriumssitzung, bei der Pereira ein überarbeitetes Budget vorlegen soll. Die Festspiele haben dann auch künstlerisch schon begonnen.
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