Teuflische Intrigen
Er singt die tief-bösen Gegenspieler unserer hellen Opernheldentenöre: Bryn Terfel ist schon am Sonntagnachmittag in der Philharmonie mit dem Rundfunkorchester und starken Chören
In der ganzen Stadt ist er derzeit als düster dräuender Bösewicht plakatiert. Dabei ist der walisische Bassbariton eigentlich ein Netter. Am Sonntag gastiert er mit seinem Schurkenprogramm „Bad Boys“ in der Philharmonie.
AZ: Mr. Terfel, Sie sind ein echtes Bühnentier, betonen aber ständig, viel lieber auf Ihrer Farm zu sein. Sind Sie eine Landpomeranze?
BRYN TERFEL: Ja! Zu bestimmten Zeiten des Jahres bin ich wirklich lieber auf dem Land. Zu Hause eben. Aber das gilt doch für jeden.
Nur sagen’s die meisten nicht so direkt.
Mag sein. Mir ist es jedenfalls wichtig, die richtige Balance zwischen Arbeit und Familienleben zu finden. Jetzt war ich fast zwei Monate in New York an der MET, um „Rheingold“ zu proben. Wundervoll, wenn man Teil einer solchen Produktion ist. Aber nach so vielen Wochen drängt es einen förmlich nach Hause.
Als Wotan hätten wir Sie auch gerne in Deutschland. Bayreuth 2013 wäre doch ein schöner Termin.
Ich habe sieben Jahre lang jeden Sommer in Salzburg verbracht. Das war eine gute Zeit, aber jetzt gehören die Ferien den Kindern. Vielleicht ändert sich das ja in ein paar Jahren, wenn sie nicht mehr scharf darauf sind, ständig die Eltern um sich zu haben.
Bringen Sie eigentlich Ihr Golfbag mit nach München?
Ich hab’s immer dabei, und es hat wohl mehr Meilen auf dem Buckel als ich. Aber im Ernst: Golf hilft mir einfach beim Entspannen. In der Opernwelt gibt es übrigens viele Golfer. Eigentlich hat man keine Möglichkeit, nicht Golf zu spielen. Ein gutes Glas Wein ist aber auch nicht zu verachten. Oder gutes Essen.
Und wie wird ein gemütlicher Kerl zum „Bad Boy“?
Die Idee fußt natürlich auf einer ganz alten Aufnahme von George London: „Of Gods and Demons“. Ich konzentriere mich aber eher auf die Fieslinge des Repertoires. Wahrscheinlich sehne ich mich im tiefsten Inneren danach, die schlechten Kerle zu spielen.
Vielleicht sind die Bösewichte einfach die Interessanteren?
Fürs Publikum auf jeden Fall. Aber sie sind nicht alle gleich schlecht. Manche werden auch ungerecht beurteilt.
Ducamara zum Beispiel aus Donizettis „Elisir“, der ist ja nicht wirklich mies.
Aber was er tut, ist übel. Entscheidend sind ja immer die Beweggründe, der Antrieb einer Person. Dulcamara ist ein Quacksalber, der von Stadt zu Stadt zieht, weil er neues Publikum übers Ohr hauen kann.
Wer führt denn die Charts der Fieslinge an?
Ganz sicher Scarpia aus der „Tosca“. Da haben ja auch die wirklich Großen ihre ganze Kraft hineingelegt. Von Tito Gobbi bis Samuel Ramey.
Und welchen „Bad Boy“ singen Sie am liebsten?
Ich muss fast Sweeney Todd nennen. Das ist ja auch ein tolles Stück. Ich würde sagen, es ist eine wunderbar dunkle, aufwühlende Operette. Und den Komponisten Stephen Sondheim, der heuer 80 wurde, schätze ich sehr.
Man hört ja auch auf der CD, dass Sie sich bei Sweeney ganz schön ins Zeug legen.
Ja? Jedenfalls ist er gefährlich für den Schauspieler, den Sänger, Sweeney nimmt dich völlig ein. Auch wenn ich ihn nur einmal auf der Bühne gespielt habe, sind meine Erinnerungen noch sehr präzise.
An der Staatsoper haben Sie Figaro, Falstaff, Jochanaan und Holländer gesungen. Wie geht’s weiter?
Es gibt natürlich immer Pläne, und ja, es kommen Anfragen. Aber jetzt nimmt dieser Ring-Zyklus in New York extrem viel Zeit in Anspruch. Ich komme allerdings immer gerne nach München.
Dann sollten Sie das einfach mal wieder tun.
Ja, sollte ich, sollte ich, sollte ich.
Christa Sigg
Sonntag, 7.11., 15 Uhr, Philharmonie: Bryn Terfel, Rundfunkorchester, Münchner Oratorienchor, Karten unter Tel. 54818181
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