Tatort-Kritik: „Mike & Nisha“
Wo wollen die denn hin?“, fragt eine Polizistin die andere, während sie einem jungen Paar in einem Krankenhaus hinterherjagen. Ja, wo sollen sie denn hin, bitteschön? Für zwei wie Mike (Jeremias Meyer) und Nisha (Amina Merai) gibt es keinen Ort auf der Welt, und diese Liebe muss vielleicht so tragisch enden wie hier.
Der Ludwigshafener „Tatort: Mike & Nisha“ (Buch: Annette Lober, Regie: Didi Danquart) erzählt von einer jungen Liebe, die nicht sein darf. Und von einem tarantinomäßigen Gemetzel inmitten einer sehr seltsamen, sehr stillen Nachbarschaft, in der die Menschen höchstens noch von einem echten Leben träumen. Das ist der spannende Teil der Geschichte.
Da ist die Nachbarin (Anna Stieblich), die ihre Mutter pflegt und sich von Likörchen zu Likörchen durch den ereignislosen Tag hangelt.

Und da ist der Reichsbürger-Nachbar (Wolf Bachofner), der seine Umgebung mit Schäferhund und Richtmikrofon stasimäßig überwacht und auch sein eigenes Leben penibel aufzeichnet.
Warum sprechen die so komisch?
In einer der schönen Nebenszenen (die in „Mike & Nisha“ deutlich spannender sind als der eigentliche Ermittlungs-Teil) scheint die Möglichkeit auf, dass der Reichsbürger und die Likörtrinkerin sich früher mal intimer kannten. In dieser Gegend gab es vielleicht doch mal Leben!
Der „Tatort“ erzählt aber leider auch von Polizisten, die man förmlich zum Jagen tragen muss, die „Soll ich die Polizei rufen?“-Witze machen, die Shakespeare zitieren, weil die Liebe ja auch bei Romeo und Julia nicht sein durfte, und die einander in halbdunklen Büros, in die durch Jalousien nur wenig Licht hereinkommt, erklären, was sie gerade tun, damit auch der Zuschauer weiß, was los ist.
Warum, o, warum nur gibt es in „Tatort“-Drehbüchern noch solche Sätze von Polizistenmund zu Polizistenohr: „Dann wird’s halt eben ein Indizienprozess, das geht ohne Geständnis und ohne Leiche, das basiert ausschließlich auf Beweisanzeichen.“

Die Ludwigshafen-Ermittlerinnen Lena Odenthal und Johanna Stern (Ulrike Folkerts und Lisa Bitter) treten den ganzen Film über anstrengend arrogant oder sarkastisch auf.
Immer wieder ist hier die Frage: Wer wusste was wann? Wenn man den „Tatort“ ein zweites Mal in der Mediathek ansieht, erklärt sich so manche Reaktion von Mikes Eltern (Judith Hofmann und Bruno Cathomas).
Der grimmige Vater tut einem am Ende nicht sehr leid, die Mutter aber schon. Sie hätte gerne, wir sehen es, ein Leben gehabt.
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