Stars ohne Schminke
Eine Ausstellung im TU-Architekturmuseum zum 70. Geburtstag des Fotografen Klaus Kinold
Jetzt ist er Architekt und nun knipst er“, seufzte der Vater, als Klaus Kinold ihm nach abgeschlossenem Studium seinen Wunsch-Beruf schilderte und um Unterstützung bat beim Kauf einer Kamera. Aber er half und Kinold, geboren 1939 in Essen, wurde ein Klassiker unter den deutschen Architekturfotografen – der im Mai 70. Geburtstag feiert. Darum widmet das TU-Architekturmuseum in der Pinakothek der Moderne dem in München lebenden Lichtbildner nun eine Ausstellung.
Die Stunde des Fotografen ist frühmorgens „wenn das Licht klar ist“, so Kinold. Dann stellt er das Stativ für die Großbildkamera auf und wartet auf den richtigen Moment. In Kinolds klaren Kompostionen liegt der Blickpunkt stets auf Augenhöhe, regiert der rechte Winkel. „Ich will Architektur zeigen, wie sie ist. Ich schminke sie nicht“, erklärt er. Das Ergebnis sind sachliche, doch nie neutrale Aufnahmen, mit wohlwollendem Blick, aber nie aus beschönigender Perspektive. Die meisten Bilder sind schwarzweiß, weil da die Lichtnuancen Details am besten zur Geltung bringen. So rückte Kinold die Häuser seines Lehrers Egon Eiermann, von Herman Hertzberger, Karljosef Schattner, aber auch Le Corbusier und Louis Kahn unprätentiös und präzise ins rechte Licht.
Den Hausmeister bestechen
Für die in Mode gekommenen Spektakelbauten und deren pompöse Inszenierungen unterm Nachthimmel interessierte sich Kinold nie. Nur für die Dämmerung: „Da hat man zwanzig Minuten, in denen die Konturen noch sichtbar sind und bereits die Innenwelt aufleuchtet.“ Kinolds Ansatz ist dabei absolut rational: „Von vielen Bauten kann man sich nur anhand von Publikationen ein Bild machen. Das muss einen realistischen Eindruck vermitteln.“
Wegen der langen Belichtung sind Menschen in der Architekturfotografie rar. Doch Kinold hat sie nicht gemieden, auch ihre Schatten nie rausretuschiert. Aber er überließ ihr Erscheinen dem Zufall. Und erntete Glücksmomente: Etwa den schreitenden Mann zwischen Kahns Bauten in Kalifornien oder das Paar am oberen Ende der Freitreppe in Versailles. Sie verleihen Kinolds Fotos das gewisse Etwas.
Dafür bestach er schon mal einen Hausmeister, der auszog zum Rasenmähen. Ohne die Gänseblümchen in der Wiese hätte Carlo Scarpas Brion-Grabstätte im Bild halt nur halb so schön ausgesehen. Nur der Himmel ist grau: Kinold: „Ich mag keinen blauen Himmel.“ Selten ließ er sich doch vom großen Blau aus Meer und Himmel überwältigen.
Roberta De Righi
Bis 31. Mai, Di – So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr
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- Pinakothek der Moderne