Souverän unterwegs
Zuallererst sind sie ein Kraftakt, alle sechs auf einen Schlag gar eine Tour de force. Für den Cellisten – aber auch fürs Publikum. Johann Sebastian Bachs Solosuiten fordern sämtliche Konzentration, selbst die „naiv” verspielte erste. Und hier zeigt sich gleich, was Christian Poltéra aus der beträchtlich angewachsenen Riege bestens ausgebildeter Cellotalente heraushebt: Er zischt nicht wie so viele im Parforceritt durchs Prelude, jede Note dieser Quasi-Ouvertüre für die folgenden fünf Tanzsätze hat bei ihm Gewicht und erzählt beredt, was kommen wird.
Überhaupt dieses Bemühen um den Ton, die Klangfarbe und deren Variation in der Wiederholung. Geradezu betörend gelingt das in der majestätischen dritten Suite mit ihrer herrlich dynamischen Courante. Und schließlich in der dunklen fünften, mit Skordatur (die a-Saite ist auf g gestimmt) zu spielenden Suite, deren Sarabande der 35-Jährige in ein beklemmend fahles Niemandsland führt.
Die Klippen kamen dann im zweiten Konzert, doch wer mag nach all dieser Kunst noch auf höchste Konzentration pochen? In der vertrackten sechsten Suite griff Poltéra zu einem fünfsaitigen Cello (mit zusätzlicher e-Saite) – eine leider hörbare Zäsur zum wunderbar farbintensiven Stradivari. Auch die Gestaltung verlor an Souveränität. Aber egal, da ist einer dabei, zu einem ganz Großen zu werden.
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