Sie tanzt im Flug und auf Spitze
Salzburger Festspiele: Zum Young Directors Project ist auch Viktor Bodós Grazer Inszenierung„Alice“ eingeladen. Die rasante Nummernrevue wurde im Republic heftig bejubelt
Die Welt dreht sich im Kreis, und ich, ich fall’ hinein“, singt Alice. Da hängt sie in einem Haltegurt hoch über der Bühne und tanzt in der Luft – so zeigt der junge ungarische Regisseur Viktor Bodó Alices Sturz durch einen Kaninchenschacht ins Wunderland. Bodós rasante „Alice“ vom Schauspielhaus Graz war schon 2008 in München bei „Radikal jung“ zu sehen, dieses Jahr wurde sie zum Young Directors Project der Salzburger Festspiele eingeladen und im Republic stürmisch beklatscht.
Alices absurde Traumabenteuer, die der englische Mathematik-Dozent Charles Luwidge Dodgson alias Lewis Carroll 1865 für seine Kindfreundin Alice Pleasance Liddell geschrieben hat, fordern immer wieder zu visuellen Umsetzungen heraus. Roland Schimmelpfennigs Bearbeitung (mit eigenen Zutaten) war ursprünglich als Musical geplant, davon sind einige Lieder geblieben, die Klaus Heydenaber schräg vertont hat und mit drei weiteren Musikern live begleitet.
Auf einem nackten, schrägen Holzpodest mit vielen Falltüren entfesselt Bodó (Regie und Bühne) eine temporeiche Nummernrevue mit grotesken Einfällen und verblüffenden Bildern. Der Tisch der Teegesellschaft ist so überdimensional, dass Alice Mühe hat, ihn zu erklettern. Die Che-shire-Katze (Jaschka Lämmert) tanzt hinter einem halbtransparenten Spiegel, alle Theatermittel werden offen gezeigt. Bodó dekonstruiert alles mit überbordender szenischer Fantasie, bis nur noch ein Puzzle übrig bleibt, lässt die Schauspieler immer mal wieder aus der Rolle aussteigen. Plötzlich veranstalten sie mit den Zuschauern ein Quiz, und als ein Reporter-Darsteller bedrohlich seinen Mikro-Galgen ins Publikum kippen lässt, sagt er: „Theater muss weh tun! Auch in Salzburg. “
Im spielfreudigen Ensemble ist Andrea Wenzl der Star: Mit brüchigem Kleinmädchencharme singt sie, tanzt klassisches Ballett (auf Spitze!), turnt akrobatisch auf den Schultern zweier Artisten und zeigt hinreißend auch die Verwirrung und Angst, die Alice erlebt. Ihrer fantastischen Leistung galt zu Recht der größte Beifall.
Gabriella Lorenz
Republic, 7. und 8. August, 20 Uhr, Tel.0043-662-8045-500, www. salzburgerfestspiele.at
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