Seltsame Mischungen
Werke von Heera Kim, Carlos H. Verhoff, José M. Sánchez-Verdú und Samir Odeh-Tamimi in der musica viva
Seiner Musik ist anzuhören, dass ihr Erfinder aus einer unruhigen Gegend kommt. Samir Odeh-Tamimis „Rituale“ strotzen vor unterdrückter Aggressivität. Tiefes Blech röhrt, dann geben Trommeln den Rhythmus vor. In den Streichern klingt entfernt Orientalisches an. Die gestaute Energie verleiht den Werken des 1970 in Tel Aviv geborenen Palästinensers mit israelischer Staatsbürgerschaft den eigenen Sound. Das hat was.
Ebenso wiedererkennbar und persönlich ist die Musik von José M. Sánchez-Verdú. In „Elogio del horizonte“ steigen aus zartem Rauschen Melodiefragmente von großer Schönheit in der Klarinette auf (Joan Enric Lluna). Ihre Soli schlagen immer wieder ins Schrille um. Sie mischen sich mit dem quasi elektronisch pfeifenden Akkordeon und zwei Echo-Klarinetten im von Arturo Tamayo deutlich geleiteten BR-Symphonieorchester.
Davor langweilte das um irgendwelcher Rücksichten in Auftrag gegebene dritte Klavierkonzert des 82-jährigen Carlos H. Verhoff. Spielwitz oder gar Virtuosität waren dem Solisten Gerhard Oppitz verboten. Es war kurz, dauerte aber gefühlte 40 Minuten. Ähnlich fad „Ex abrupto“ der BMW-Preisträgerin Heera Kim: Wenn ein neurotischer Text Edward Munchs zu „Der Schrei“ über allerweltsavantgardistischen Orchesterklängen geflüstert und geschrien wird, ist das zu billig.
Robert Braunmüller