Seehofer darf nicht singen

Erfolgsautor Michael Kunze, Schirmherr von "In Nomine Patris", verrät die Rezepte für ein gutes Musical.
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Erfolgsautor Michael Kunze, Schirmherr von "In Nomine Patris", verrät die Rezepte für ein gutes Musical.

Er ist Texter von Udo-Jürgens-Hits wie „Griechischer Wein“ und „Ein ehrenwertes Haus“. Der 63-jährige Michael Kunze stammt aus Prag und wuchs in München auf. Als 1,0-Abiturient war er Stipendiat am Maximilianeum und studierte Jura. Später übersetzte er Musicals von Andrew Lloyd Webber und wurde Autor des Komponisten Sylvester Levay („Elisabeth“). Er übernimmt die Schirmherrschaft für das Musical „In Nomine Patris“, mit dem das Deutsche Theater am 16. Oktober sein Interims-Zelt in Fröttmaning eröffnet.

AZ: Herr Kunze, taugt das CSU-Drama zum Musical?

MICHAEL KUNZE: Als Geschichte eines Machtwechsels wäre es im Sprechtheater besser aufgehoben. Ein Musical sollte die Tür zu einem geheimnisvollen Raum jenseits der Realität öffnen, der die Musik erst rechtfertigt. Einen singenden Seehofer kann ich mir nicht vorstellen.

Immerhin gäbe es um ihn eine Liebesgeschichte.

Das eigentliche Drama aber ist der Königsmord. Er versetzt den Zuschauer in keinen Fantasieraum. Realistische Stoffe sind nichts für Musicals.

Auch ein Franz-Josef-Strauß-Musical für Rott am Inn könnte Sie nicht reizen?

Auch er passt nicht in einen geheimnisvollen Garten. Wer Aktuelles wie Lady Diana mythisch überhöht, banalisiert es in Wahrheit. Darum gehen solche Spekulationen meist schief. Nur Produzenten denken sich so etwas aus.

Muss ein Happy End sein?

Die Zuschauer gingen aus „Elisabeth“ befriedigt hinaus, weil ihr Leben trotz des blutigen Endes einen Sinn hat. Auch mein neues Musical für Sylvester Levay endet nicht glücklich: Es handelt von Marie Antoinette. Ich habe ihr ein Mädchen aus dem Volk entgegengesetzt, das durch die Revolution mächtig wurde und wie Ulrike Meinhof glaubt, sie habe ein Recht darauf, zu zerstören, was sie für unmoralisch hält. Beide lernen durch ihr Schicksal, dass Hochmut keinem Menschen erlaubt ist.

Das ist schon die Botschaft der antiken Tragödie.

Stimmt. Ich habe das nicht erfunden.

Wie kamen Sie zum Musical?

Gute Schlager erzählten kleine Geschichten über die Welt und Gesellschaft, in der wir leben. Meine Texte für Gitte fassten in Worte, was die schweigende Mehrheit der deutschen Frauen damals fühlte. Später, als die Sender nur noch englischen Pop spielten, gab es dafür kein Forum mehr. Das ganze Hitparaden-Business interessierte mich weniger.

Was macht einen guten Schlagertext aus?

Ich habe das immer als journalistische Arbeit empfunden. Ein Hit funktioniert wie die Schlagzeile „Wir sind Papst“: Eigentlich banal, aber mit zündendem Witz.

Was ist Ihre Rolle als Schirmherr von „In Nomine Patris“?

Bernd Stromberger hat sein Stück in einem meiner Workshops vorgestellt. Ich will junge deutschsprachige Autoren des populären Musiktheaters fördern. Deshalb gebe ich meinen Namen dafür her.

Laufen Musicals nicht von selbst?

Viele Musicals sind dilettantisch gemacht, weil die Autoren denken, es sei nur Unterhaltung. Es fehlt am dramaturgischen Handwerk. Jukebox-Musicals, die Hits mit einer Handlung verbinden, mache ich nicht. Mich interessieren Dramen, die Filmen oder einer Puccini-Oper ähnlicher sind als den Broadway-Klassikern.

Nach Boom-Jahren scheint das Genre derzeit zu kriseln.

Man sollte nie vom Musical schlechthin reden. Ich hatte keinen einzigen Misserfolg. „Rebecca“ hat in Wien eine Auslastung von 97,5 Prozent bei den teuren Karten. Wenn es keine guten Stücke gibt, geht auch niemand hin. In den letzten Jahren entstand eine kulturelle Kluft zwischen Europa und Amerika. Daher funktioniert der pure Import nicht mehr. Die Leute wollen hier gewachsene Stoffe, die unserer Mentalität entsprechen. Deshalb ist es wichtig, dass jüngere Autoren wie Stromberger Neues wagen.

Robert Braunmüller

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