Schwankende Gestalten
Salzburger Festspiele: Das Gastspiel des französischen Quatuor Ebène im Mozarteum überzeugte wegen vollem Vibrato bei Bartók nicht ganz.
Noch schwärt es im „Langsamen Satz“ von Anton Webern, doch bald schon wird die Musik im äußersten Piano entschwinden. Bei ihrem Konzert im Mozarteum ließ das Quatuor Ebène lichttrunkene Stille atmen. Dieser Farbenreichtum war unerhört, generell präsentierten sich vier Meister der filigranen Zwischentöne.
Sonst aber war der Auftritt von Pierre Colombet und Gabriel Le Magadure (Violine) sowie Mathieu Herzog (Viola) und Raphaël Merlin (Cello) keine uneingeschränkte Sternstunde. Am meisten irritierte das 1. Streichquartett von Béla Bartók. Dabei zählt der Ungar zu den Spezialitäten der Franzosen: Ihre Einspielung der ersten drei Bartók-Quartette (bei Mirare) hatte mit behutsamem Vibrato und lichtleichter Phrasierung ein neues Kapitel in der Interpretationsgeschichte dieser Meisterwerke aufgeschlagen.
Junge Ensembles setzen auf Transparenz
Wie sehr das Quatuor Ebène auf diese Weise Maßstäbe setzte, zeigte sich heuer beim Kammermusikfestival im finnischen Kuhmo: Gerade junge Ensembles setzten ähnlich auf Transparenz. Indessen war der Salzburger Bartók des Quatuor Ebène von kühner Klangsinnlichkeit und Klarheit gleichweit entfernt. Breit und satt nahmen sie das 1. Quartett. Über weite Strecken wurde das Vibrato zum Standard. Dieser Bartók nahm zwar durchaus gefangen, blieb aber recht gewöhnlich. In Salzburg haben sich die Preisträger des ARD-Wettbewerbs 2004 von ihrer klanglichen Identität entfremdet.
Das zeigte sich auch in den Streichquartetten von Claude Debussy und Maurice Ravel, die man mit Spannung erwartet hatte: Im September erscheint die neue CD des Quatuor Ebène mit diesen Werken (Virgin Classics). Weil jedoch im Dauervibrato kaum klangliche Nuancen erwachsen konnten, blieb vor allem Debussy etwas beliebig.
Obwohl die Vier mit stürmischem Beifall gefeiert wurden – und nach den jazzigen Improvisationen als Zugabe gab es kein Halten mehr–, blieb insgesamt ein schaler Nachgeschmack. Umso erfreulicher, dass die neue CD an die Bartók-Einspielung anknüpft. Dies verraten Hörproben. Und das ist auch gut so.
Marco Frei
Am 30. 9. gastiert das Quartett in Gauting (ausverkauft), am 14. 1. spielt es im Herkulessaal. Karten: Tel. 98 29 28 27
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