Schrullige Pikanterie

Klassiker in der Glyptothek: Gunnar Petersen schnitzt aus Heinrich von Kleists „Amphytrion“ einen launigen Theaterabend
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Klassiker in der Glyptothek: Gunnar Petersen schnitzt aus Heinrich von Kleists „Amphytrion“ einen launigen Theaterabend

Üblicherweise entspricht das Alter der Texte, die Gunnar Petersen am Königsplatz spielt, jenem der Exponate in der Antikensammlung, die das Open-Air-Spektakel umrahmt: Rund 2500 Jahre. Mit nicht ganz 200 Jahren ist also der „Amphitryon“ des Heinrich von Kleist ein fast neues Werk. Der Stoff aber vom thebanischen Feldherrn Amphitryon, der nach erfolgreicher Schlacht sich auf das Wiedersehen mit der liebenden Gattin Alkmene freut und feststellt, dass kein Geringerer als Götterchef Jupiter in Gestalt Amphitryons schon die Nacht zuvor zum Helden zeugen nutzte, ist echt antik.

Gunnar Petersen schnitzte aus Kleists moralgesättigtem Lustspiel mit treffsicherem Rotstift vor allem scharf gezeichnete Charaktere heraus. Besonders Catalina Navarro Kirner nutzt als Sosias, der Diener Amphitryons, das komische Potenzial, das die Begegnung mit sich selbst – dem als Sosias getarnten Götterboten Merkur (Alexander Diepold) – hat.

Da sowohl Petersen als auch Beles Adam, zwei Urgesteine der Münchner freien Theaterszene, wissen, dass sie als jugendliche Liebhaber nicht mehr durchgehen, bekommt der Liebesreigen eine leicht gerontologische Pikanterie. Petersens Jupiter, der die zerknitterte irdische Hülle Amphitryons (Ronnie Janot) anzunehmen hat, entwickelt aus dem Wissen, dass ihm kein Sterblicher in seinen göttlichen Liebeskünsten gleichkommt, eine Eitelkeit von ebenso schrulligem wie liebenswertem Charme. Und das verzückte „Ach!“, das der in aller Unschuld geschwängerten Alkmene (Beles Adam) zum Schluss entfährt, als ihr klar ist, dass in ihrem Schoß der künftige Held Herakles reift, ist das vermutlich schönste „Ach!“ dieses Sommers.

Mathias Hejny

Glyptothek, bis 18. September (ab 22. Juli außer donnerstags und freitags), 20 Uhr (ab 1. September 19 Uhr), Tel.3003013

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