Schönberg für die Insel
Hinter den Kulissen: Andrés Máspero über die Arbeit mit dem Chor der Staatsoper.
"Ich liebe die Natur“, sagt Andrés Máspero. „Ganz besonders den Königssee. Der ist zwar nicht so groß wie der Nahuel Huapi in Patagonien. Dafür ist es in Bayern grüner.“ Máspero muss es wissen: Der gebürtige Argentinier leitet seit 2003 Chor der Bayerischen Staatsoper. Zuvor war der „fast 60-Jährige“ unter anderem Chordirektor in Frankfurt und Barcelona.
„Das ist meine Stradivari, mein Steinway“, sagt Máspero über den Staatsopernchor. „Von so einem Instrument habe ich immer geträumt.“ Als Kind hatte er er allerdings noch eine Karriere als Pianist vor Augen. Als er die Schule abbrechen wollte, um Klavier zu studieren, gab es Ärger mit der Oma Nonna Francesca, bei der Máspero nach der Scheidung seiner Eltern lebte.
„Der Chef hat immer Recht.“ Damit meint Máspero nicht seine Nonna Francesca, sondern den Generalmusikdirektor Kent Nagano. „Ich sage immer: Bitte aufpassen mit Augen und Ohren.“ Ansonsten benennt Máspero seine Chorarbeit mit drei Worten: „Intonation, Rhythmus und Farbe.“ Von Diskussionen um italienischen oder deutschen Chorstil hält Máspero nichts, denn: „Ohne sotto voce – also halbe, leise Stimme – kann man nirgends etwas machen.“ Doch vor allem gilt: „Der Chef hat immer Recht.“ Für die Arbeit mit dem Chor müsse man offen und kompromissbereit sein: „Das kommt mit dem Alter.“
Allerdings hat Másperos Kompromissbereitschaft eine Grenze: „Wenn ein Regisseur den Chor aufteilt und einen Tenor zwischen 15 Sopranistinnen singen lässt, mache ich das nicht mit.“ Deswegen fand er Christof Loys Inszenierung der „Bassariden“ klug, die am 19. Juli bei den Festspiele zu sehen ist: „Loys Choraufteilungen blieben vierstimmig.“ Bei den „Bassariden“ muss Máspero vollständig mitdirigieren, was das Publikum jedoch nicht mitbekommt. „Das ist das erste Mal in meiner fast 30-jährigen Erfahrung als Leiter von Opernchören.“
Ansonsten hält Máspero die „Bassariden“ für ein Werk, in dem der Chor vorbildlich eingesetzt wird. Wenn man ihn aber fragt, welche Opernpartitur er auf eine einsame Insel mitnähme, nennt er Schönbergs „Moses und Aron“: „Bei diesem Werk hört man nie auf zu lernen. Es ist für Opernchöre am schwersten.“Mit dieser Oper machten Máspero und der Chor bei Festspielen 2007 Furore.
Gibt es nicht imC horeinsatz Parallelen zwischen Schönbergs und Henzes Oper? „Ein bisschen. In beiden Werken ist der Chor als Person, als Rolle gedacht.“
Bleibt nur noch eine Frage: Was ist aus Másperos Leidenschaft fürs Klavier geworden? „Privat ist Kammermusik für mich das Höchste. Verdi und Wagner sind die zwei Säulen in der Operngeschichte, aber ich persönlich bleibe bei Brahms.“
Marco Frei
Hans Werner Henzes Oper, „Die Bassariden“ ist am 19. 7. wieder im Nationaltheater zu sehen