Schnick, schnack, schnuck, Bussi!

Die Pocket-Version von Donizettis „Liebestrank“ sorgt in der Pasinger Fabrik für einen ziemlich komischen Abend im knallgelben Zitronenmeer – mit rasanter Musik und spritzigen Dialogen
von  Abendzeitung

Die Pocket-Version von Donizettis „Liebestrank“ sorgt in der Pasinger Fabrik für einen ziemlich komischen Abend im knallgelben Zitronenmeer – mit rasanter Musik und spritzigen Dialogen

Oper kann so einfach sein. Ein paar alte Obstkisten, dazu eine Wagenladung Zitronen, und schon sprudelt der „Liebestrank“ munter vor sich hin. Für seine Pocket-Version von Donizettis Zweiakter setzte Regisseur Maximilian Dorner den Rotstift an: Die Musik wurde auf Diät gesetzt, der Chor gestrichen, das Libretto mit amüsanten Dialogen aufgebrezelt – „schnick, schnack, schnuck, Bussi!“ – und der Plot umgeschrieben.

Mit äußerster Konzentration bei der schmissigen Sache

Adina, bei Donizetti eine gut situierte Pächterin, ist in der Pasinger Fabrik zur zickigen Italien-Touristin (souverän: Ikumu Mizushima) mit Seitensprung-Ambitionen geworden. Der Lover sitzt in München, da passt Nemorino nicht wirklich ins Konzept, aber nach einem feuchtfröhlichen Abend durfte ihr das schüchterne Kerlchen (blass: Andrew Lepri Meyer) wohl doch an die Wäsche. Tatsächlich hat der Möchtegern-Verführer keinen ernst zu nehmenden Konkurrenten, denn Sergeant Belcore (Hermann Kiebacher), ein Schluffi von einem Polizisten, muss von Schwester Giannetta zum Jagen getragen werden. Svenja Kruse ist in der stark aufgewerteten Rolle eine echte Entdeckung und neben dem furiosen Sven Fürst der Feger des Stücks. Sein Dulcamara durfte vom Quacksalber zum Vorstadt-Gigolo mutieren, und man kann es Adina kaum verdenken, wenn sie am Ende dem Macho (mit Kenneth-Branagh-Konterfei!) nachwankt.

Wirklich aufgehen kann das nicht, zumal die Beweggründe der Damen und Herren im Dunkeln bleiben. Denn selbst das Begehren verkommt im zitronenreichen Strandgewusel zum bloßen Accessoire – so wie das blinkende Herzerl, das Nemorino zum Tenor-Dauerhit „Una furtiva lagrima“ aus der Lederjacke zieht.

Donizettis feine Ironie blieb dafür in der Partitur, und in der Reduktion auf ein Zehn-Personen-Orchester lag der besondere Reiz. Was allerdings nur funktioniert, weil Andreas Pascal Heinzmann und seine Musiker mit äußerster Konzentration bei der schmissigen Sache waren und nebenbei noch im Stück mitmischten. Das übrigens ist trotz Ungereimtheiten ein schmackhafter Happen – und mindestens bis zur Pause voller Esprit. Da kann die Gärtnerplatz-Produktion nicht mithalten.

Christa Sigg

Pasinger Fabrik, 19., 20., 26. und 27. Juni, bis August, 19.30 Uhr, Karten Tel.82929079

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