„Schicksale wie im Film“

Die Münchner Schauspielerin Christine Neubauer entdeckt in „Das Geheimnis meiner Familie“, wie hart das Leben ihrer Großmutter Fanny war.
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Die Münchner Schauspielerin Christine Neubauer entdeckt in „Das Geheimnis meiner Familie“, wie hart das Leben ihrer Großmutter Fanny war.

Familienforschung boomt, ist „Geschichte zum Anfassen“, verbindet oft dramatische historische Entwicklungen mit persönlichen Entwicklungen. Am Montag in der ARD-Reihe „Das Geheimnis meiner Familie“: die Münchner Schauspielerin Christine Neubauer.

Frau Neubauer, musste Sie der BR erst überreden, das Geheimnis Ihrer Familie zu erforschen?

CHRISTINE NEUBAUER: Überhaupt nicht, ich war sehr neugierig auf die Geschichte meiner Familie. Ich hatte vorher nicht eine Information über meine Vorfahren. Die Familie hatte da alles vergraben.

Ihre Suche beginnt mit einem sehr alten Familienfoto.

Ich wusste nur, dass mein Urgroßvater drauf ist, der Großvater meiner Mutter. Als ich jünger war, habe ich dieses Thema gar nicht so spannend gefunden. Wird man aber älter, fängt man an zu fragen, woher man kommt. Jetzt weiß ich, das Baby auf dem Foto ist meine Großmutter Fanny.

Warum sind Sie alleine nicht weitergekommen?

Das war schon so, als ich in der „Löwengrube“ gespielt habe und mehr über diese Zeit erfahren wollte. Egal, wen ich gefragt habe, es hieß immer, man weiß da nichts. Auch meiner Mutter, die als uneheliches Kind auf die Welt gekommen ist, wurde nie etwas erzählt.

Das Schicksal Ihrer Großmutter hat Sie sehr berührt, oder?

Ja, ich hatte als Kind immer Angst vor ihr – vor der Härte, die sie ausgestrahlt hat. Jetzt, nachdem ich weiß, was sie alles durchgemacht hat, kann ich verstehen, warum sie so war. Schließlich ist es unvorstellbar, wie das ist, als Zwölfjährige an einen Bauernhof „verkauft“ zu werden. Und genau das hat ihr Vater gemacht – und die Mädchen mussten nicht nur arbeiten, sondern wurden als Freiwild für alles mögliche missbraucht. Später, da war sie gerade 18 Jahre, hat sie ihre eigene Tochter, meine Mutter, auf dem Feld bekommen. Eine Hausgeburt konnte sie sich nicht leisten.

Wir erfahren bei Ihrer Suche auch, dass bis zu 40 Prozent der Kinder damals unehelich auf die Welt gekommen sind. Haben Sie das gewusst?

Nein, auch nicht, dass der Staat armen Menschen oftmals eine Heirat verboten hat und deshalb so viele Kinder unehelich auf die Welt kamen. In meiner Familie ist das ja ein ganz großes Thema. Nicht nur meine Mutter, auch mein Urgroßvater väterlicherseits kam 1875 als uneheliches Kind in München auf die Welt.

Und zwar in der staatlichen Gebäranstalt in der Sonnenstraße. Sie besuchen sie bei Ihrer Recherche und sind entsetzt. Warum?

Nur ledige und arme Mütter haben dort entbunden. Viele starben im Kreißsaal. Hätte ich meinen Sohn unter solchen katastrophalen hygienischen Umständen bekommen, hätte ich die Geburt nicht überlebt – und mein Sohn auch nicht. Ich hatte eine so heftige Komplikation, dass ich notoperiert werden musste. Mein Sohn hat es gerade so geschafft. Damals aber wären wir beide gestorben. Deshalb hatte ich in diesem Gebäude eine richtige Gänsehaut.

Es fällt auch auf, dass die Frauen in Ihrer Linie eine gewisse Stärke haben ...

... und dass das Frauenschicksale sind, die ich als Schauspielerin schon oft gespielt habe. Zum Beispiel in Puruckers „Frische Ware“. Vielleicht haben mich unbewusst solche Schicksale interessiert.

Früher haben Sie oft gemutmaßt, in Ihrer Linie sei etwas Südländisches, da Ihr Teint sehr dunkel ist. Sind Sie enttäuscht, dass es nicht so ist?

Na gut, man weiß ja auch gar nicht, was für Gene noch so bei mir dabei sind. Die Väter von den unehelichen Kindern sind ja unbekannt. Mein Stammbaum hat viele Fragezeichen, die sich nicht mehr klären lassen. Ansonsten ist meine Familie aber in der Tat durch und durch bayerisch.

Haben Sie auch etwas erfahren, das Sie besonders gefreut hat?

Ja, und das kommt in dem Film gar nicht vor. Mein Urgroßvater, der Kaminkehrer Theodor, hat in der Au ums Eck von Karl Valentin gewohnt. Mein Uropa hat also hundertprozentig den Kamin vom Valentin gekehrt. Womöglich haben sie sich sogar gekannt. Denn wie mein Uropa hat auch Karl Valentin in ärmsten Verhätnissen gelebt. Heute – als Comedian – wäre er wohl Multimillionär. Stattdessen hat er vielleicht mit meinem Uropa das Essen von der Straße geklaubt. Angelika Kahl

„Das Geheimnis meiner Familie“: Montag, ARD, 21 Uhr

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