Säuseln, streichen, schwelgen, schmachten – und seufzen

David Garrett füllt zweimal die Olympiahalle: Frauen schmelzen, Männer lächeln eifersüchtig.
von  Abendzeitung

David Garrett füllt zweimal die Olympiahalle: Frauen schmelzen, Männer lächeln eifersüchtig.

Ob ein Konzert gefällt? Das ist oft eine Frage der Erwartung. Auch deshalb eckt Stargeiger David Garrett bei Klassik-Kritikern eher an. Aber mit Klassik hatten die beiden Auftritte in der knallvollen Olympiahalle eh nicht viel zu tun. Und wer’s schaffte, sich von irgendwelchen Ansprüchen frei zu machen, konnte einen durchaus unterhaltsamen Abend erleben. Alles, was man dafür tun musste? Sich auf die Marke David Garrett einlassen.

Wie dessen Inszenierung funktioniert, ist schnell durchschaut. Es ist dieser Mix aus vermeintlichem Rocker und bravem Sonnyboy, der vor allem sein weibliches Publikum zum Schwelgen bringt. Nach dem Motto „harte Schale, weicher Kern“ wechseln sich die großen Nummern der Rockgeschichte von Metallica über AC/DC bis Aerosmith mit Beethoven und Bachs Toccata ab. Zu neongrünem Laser und feuerspeienden Fontänen streicht er „Walk this way“. In Beethovens Fünfter bringt er seine Geige zum Säuseln – und mindestens alle Mütter zum Schmachten.

Auch die Bemerkung, er sei noch Single, macht sich nicht schlecht. Aber wer weiß, sagt er schüchtern, vielleicht finde er ja in München seine Traumfrau. Ein Seufzen geht durch die Halle, und spätestens als Garrett in rotes Licht getaucht die ersten Takte von „I’ll stand by you“ anstreicht, ist es um die Mädels geschehen – während die männlichen Begleiter freundlich-neidisch lächeln.

Zur seichten Unterhaltung gehören leider auch die Kindheitsanekdoten. Geschichten vom Familienurlaub in Italien oder vom kleinen David, der in der Schule eine – wie süß!, – Hornbrille tragen musste. Zu den dauergesenkten Augenlidern gibt’s dann ein Perlweiß-Lächeln. Dazwischen ein bisschen Bach plus Beethoven, damit auch der Laie das Gefühl bekommt, was für die musikalische Bildung getan zu haben. So hat David zweimal die Olympiahalle gefüllt. Und das muss ihm erst mal einer nachmachen.

Petra Ebenschwanger

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