Sacha Baron Cohen alias "Borat" teilt wieder aus

Sacha Baron Cohen meldet sich als „Diktator” zurück. Und wie schon in „Borat” und „Bruno” schont der geniale Komiker in seiner derben Polit-Satire nicht die Geschmacksnerven.
von  Florian Koch

Können Sie sich vorstellen, wie der verstorbene nordkoreanische Diktator Kim Jong-Il eine Geburt einleitet? Wohl eher nicht. Sacha Baron Cohen ist da anderer Meinung, der Spaßvogel geht dahin, wo es richtig wehtut, und wo sich Situationskomik, Tabubruch und Ekel die Klinke in die Hand geben.

Als erste Provokation widmet Cohen seinen neuen Film „Der Diktator” doch glatt besagtem Kim Jong-Il, und macht damit gleich klar, dass diese Frechheit erst der Anfang einer nicht enden wollenden Reise in die sagenhafte Welt des Obszönen sein wird.

Beispielgebend für das lustvolle Spiel mit der Überschreitung von Geschmacksgrenzen ist Cohens Auftritt als Hardcore-Hebamme. „Diktator” Aladeen missversteht (bewusst) die missliche Lage einer schreienden, hochschwangeren Ladenbesucherin, und zieht sich doch glatt die Hose runter. Erst als der verzweifelte Ehemann Aladeen vermittelt, dass es sich bei dem kommenden „freudigen Ereignis” nicht um den Vollzug eines Geschlechtsakts, sondern um die Geburt eines Kindes handelt, lässt er sich bremsen. Wem das schon zuviel des Schlechten ist, der sollte in den kommenden Minuten die Augen schließen. Denn Aladeen offenbart als unfreiwilliger Geburtshelfer essentielle Wissenslücken, und verliert im Uterus nicht nur das Handy, sondern hält auch noch Händchen mit seiner „Liebsten”, der Veganer-Kurzhaarschnitt-Gutmenschmaus Zoey (Anna Faris), genannt „Hairy Potter”.

Während der nicht immer zielsichere Gag-Beschuss von roten Tüchern typisch Cohen ist, unterscheidet sich sein „Diktator” strukturell doch von all seinen Vorgängerfilmen. Im Gegensatz zu „Borat” und „Bruno” verzichtet der Brite auf die Konfrontation mit „echten” Menschen. Hier gibt es nichts Zufälliges und auch keine pseudo-authentische Wackelkamera-Ästhetik.

Die von langer Hand geplante Publikums-Bespaßung hat dabei immer noch den Stil einer Nummernrevue, der „Plot” liest sich wie eine Polit-Proll-Version von Eddie Murphys „Der Prinz aus Zamunda”: Aladeen, nuklearwaffengeiler Dummkopf-Diktator des fiktiven afrikanischen Staates Wadiya, wird gegen einen Doppelgänger ausgetauscht, damit in seinem Land die Demokratie (sprich: der Handel mit Öl) eingeführt werden kann. Aber Aladeen kämpft bartlos um sein Herrschafts-(Un)Recht, und Cohen beweist mit einer Fülle an Gags, wie eine Helikopterfahrt voller 9/11-Anspielungen, dass er auch ein großer (Kino)Diktator ist.

Kino: Atelier (OV), Cinema (OV), Cinemaxx, Lichtspiele (OV), Leopold, Mathäser, Royal
R: Larry Charles (USA, 83 Min.)

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