Römer, Ritter und Raketen

Bismarck mit den Scherenhänden und Superman auf dem Sonnenwagen: Der Maler Andreas Hofer entert die Räume der Sammlung Goetz
von  Abendzeitung

Bismarck mit den Scherenhänden und Superman auf dem Sonnenwagen: Der Maler Andreas Hofer entert die Räume der Sammlung Goetz

In meinen Träumen fliege ich.“ Dieses poetische Bekenntnis ist Titel eines Bildchens von Andreas Hofer. Doch der 1963 geborene Maler ist ein Anti-Romantiker mit rabenschwarzem Humor. Auf dem Schwarzweiß-Täfelchen bringt er ein Albtraum-Gespenst zum Schweben. Jetzt überließ Ingvild Goetz dem in Berlin lebenden Bayern ihr Kunst-Gehäuse an der Oberföhringer Straße 103 für eine große Ausstellung, die Gemälde, Zeichnungen, Collagen und Installationen aus den Jahren 1995 bis 2009 zeigt.

Die Sammlerin bekennt im Katalog, dass ihr Hofer zunächst zu „gothic“ für ihre Kollektion war, aber „seine Arbeiten, in denen sich Science-Fiction und Realität vermischen, fesselten mich schon immer“. Darum legte Goetz nach Hofers Schau im Lenbachhaus 2005 dann doch kurzerhand einen neuen Sammlungszweig an – und trug seitdem eine beachtliche Menge an ganzen Werkkomplexen zusammen.

Kussmund

Hofer signiert wahlweise mit „Andy Hope 1930“ oder „Dead Jesus“, seine Kunst ist ebenso konzeptuell in der Machart wie abgefahren in der Wirkung. Sein Motiv-Fundus sind Comics wie „Superman“ und „Captain America“, ebenso wie allerlei Helden aus B-Movies, Horror-Splash – und die deutsche Geschichte. Er hantiert mit Symbolen wie Kreuzen, Sensen, Totenköpfen und dem Allsehenden Auge. Und erschafft eine dunkle „Neverworld“, die oft wie aus Anti-Materie wirkt. Da wird sogar der Kussmund zum Höllenschlund – wie in einer kleinen Zeichnung, die eine Halbfigur vor dem Sonnenuntergang über Wald und Bergen zeigt. Doch anstelle des Gesichts gähnt ein Loch in Gestalt eines mit Lippenstift aufgedrückten Kussmundes.

Des Weiteren tauchen Römer, Ritter und Raketen, Teufel und Titanen, Urvögel und jede Menge Ungeheuer auf. Manche Szenen bleiben so rätselhaft und kritzelig wie Höhlenzeichnungen. Meist verdichten sich die Einzelelemente wie in der „Trans Time“-Höhle zum grotesk-kosmischen Knall – der gottseidank auch komisch ist.

Der eiserne Kanzler

Im Breitwand-Format „Thunder Agent Nevada Doom 4419“ bezieht Hofer sich auf einen Gobelin des Nazi-Künstlers Werner Peiner. Da brettert Superman im Sonnenwagen mit vier Rössern übers Feuer. Nebenan steht eine übermannsgroße Statue mit dem Titel „Reich“: Sie erinnert an Bismarck, der sich nach der deutschen Reichsgründung vielerorts als Roland aufstellen ließ. Doch bei Hofer trägt der Eiserne Kanzler Schlumpfmütze und statt des Schwerts gewaltige Scherenhände.

Roberta De Righi

Eröffnung 21.11., 14 – 17 Uhr; Ausstellung ab 23.11., Mo – Fr 14 bis 18, Sa 11 bis 16 Uhr

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