Punkiger Poetry Slam
Härter als gedacht und doch wunderbar verspielt ist die 23-jährige Londoner Pop-Künstlerin:Kate Nash überrascht, begeistert und verstört in der akustisch problematischen Tonhalle
Ob Kate Nash ein heimlicher Fan von Michel Gondry ist? Ihre Bühnendeko könnte jedenfalls glatt aus seiner Filmbastelstunde „Science Of Sleep“ stammen: Die 23-jährige Britin tritt in der gut gefüllten Tonhalle doch tatsächlich unter einem Kopfkissen-Himmel mit blauen Regentropfen-Glühlampen auf. Dazwischen lässt sie einen Pappmaché-Blitz zucken, während ein frei schwebender Ufo-Regenschirm mit Lämpchen-Waben den virtuellen Wolkenbruch auffängt.
Aber nicht nur den überdreht-kindlichen Ausstattungsfimmel hat der Nachwuchsstar von dem französischen Regisseur geerbt. Wie Gondry im Filmbusiness, inszeniert sich die im hautengen, lilafarbenen Glitzer-Jumpsuit auftretende Sängerin als absoluter Freigeist.
Derb und trashig
Gleich zu Beginn lässt sie mit „I Just Love You More“ ein Rock-Donnerwetter los, das einige der jungen weiblichen Fans mächtig schockiert. Denn nichts ist zu hören vom fröhlichen Gitarren-Pop, der dem Lena-Vorbild gerne angedichtet wird. Obwohl Nash in ihr Set auch eingängige Stücke („Do Wah Doo“) einbaut, kommt sie doch immer wieder zum Punk zurück. Inmitten der rasanten Tempowechsel irrlichtert ihre Stimme zwischen Sprechgesang und Kreischattacken umher – den breiigen Sound ignorierend.
Irgendwann wundert sich keiner mehr über derbe Poetry Slam-Einlagen („Mansion Song“) oder über die Idee, zu „Foundations“ die trashige Lolita-Vorgruppencombo Supercute auf die Bühne zu bitten. Nash hatte die Mädchenband zuvor bereits als Topfschlägerin begleitet.
In der Zugabe springt das Energiebündel nach 90 Minuten auf ihr als Glühlampenschaumbad verkleidetes Piano und erfreut sich an den daraus resultierenden Klang-Dissonanzen. Dass nicht alle Konzertbesucher ihre musikalische Chaostheorie goutieren, scheint der emanzipierten Grenzgängerin herzlich egal zu sein.
Florian Koch
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