Propaganda bombardiert die Ohren

„Hate Radio” des Berner Regisseur Milo Rau bei „Radikal jung” im Volkstheater
Michael Stadler |
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Dann macht sie doch mal eine Pause, Valérie Bemeriki, nachdem sie sich in Rage geredet hat und als rhetorischen Höhepunkt zur „endgültigen Vernichtung” der „Kakerlaken” aufgerufen hat. Die Worte hallen beklemmend nach in der Stille.

Die Kakerlaken, damit ist die ruandische Minderheit der Tutsi gemeint. Nach dem Attentat auf Präsident Juvénal Habyarimana am 6. April 1994 wurden eine Million Tutsi von Hutu-Milizen getötet. Valérie Bemeriki war zu dieser Zeit Moderatorin des Radiosenders RTLM und streute mit ihren Co-Moderatoren zwischen Sportnachrichten und Pop-Songs Hass-Reden und Aufrufe zur Tutsi-Jagd ein.

In „Hate Radio” beleuchtet Milo Rau den Beitrag RTLMs zum Genozid. Der Abend ist klar gebaut: Am Anfang und am Ende berichten Schauspieler per Video von den Gräueltaten der Hutu, dazwischen gehen die Rolladen eines Glaskastens hoch, im Innern eine Radiostation. Man wohnt mit Kopfhörern eine Stunde lang einer RTLM-Sendung bei. Drinnen fünf Darsteller: drei Moderatoren, ein ruhiger Soldat, ein Mann am Mischpult. Es handelt sich nicht um eine Eins-zu-Eins-Nachstellung, sondern eine Zusammenstellung von Texten, die von RTLM und anderen Radios sowie extremistischen Zeitungen stammen.

Fast alles ist in dieser Stunde aufgeladen mit Ressentiment, selbst wenn von der Fußball-EM berichtet wird. Da wird das Ausscheiden eines gegnerischen Teams ironisch betont, die Moderatoren grinsen sich einen. Wie in eine Alltags-Sendung die Agitation einbricht, wird nicht vorgeführt. Man muss daher nicht unbedingt gespannt lauschen – immerhin wird man mit der rassistischen Propaganda in all ihren Facetten ständig bombardiert. So klärt der Abend hart auf, auch wenn er gerade durch die Verdichtung an Kraft verliert.

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