Polit-Jux in der Beta-Version
Ärger machen die beiden im heimischen Wien sogar dann, wenn sie gar nicht zu Hause sind. Während sie im Lustspielhaus ihr neues Werk mit einer Preview vor Münchner Publikum testen (offizielle Premiere: 21.10. im Wiener Rabenhof-Theater), lief auf ORF „Willkommen Österreich”. Dort kommentierten Stermann & Grissemann anlässlich von Luftgewehr-Attentaten eines Wiener Heckenschützen den Auftritt des deutschen Antimultikulti-Hasspredigers Theo Sarrazin in Graz mit der Frage: „Wo bleibt der Sniper, wenn man ihn braucht?”.
Die rechte FPÖ müht sich seither, den „Brachialkomikern” Skandalöses, gar Menschenfeindliches unterzuschieben. Die Wortschöpfung „Brachialkomiker” allerdings ist das einzige, was im Protest nicht völlig abwegig scheint. In der neuen, schlicht „Stermann” betitelten Show hat Christoph Grissemann eigentlich nur den Job, einmal in Windeln über die Bühne zu gehen. Naturgemäß versteht es der Österreicher, seinem Partner, dem „hässlichen Deutschen”, abendfüllend das Solo zu verderben. Einer der wenigen Dialoge mit doppeltem Boden lautet an diesem Abend: „Wie nennt man einen Schwarzen, der ein Flugzeug steuert?” – „Keine Ahnung”. – „Pilot, du Rassist!”
Trotz aller Hingabe, mit der Grissemann nach der Pause „La Bamba” interpretiert, gerät der zweite Teil optimierungsfähig: Die ultraschwarzhumorigen Erinnerungen an präpubertäre Todessehnsucht schleppen im Timing und entwickeln sich noch ohne die Dynamik, die üblicherweise in dieser deutsch-österreichischen Freundschaft sprießt. Aber wahre Kenner des anarchistischen Herrenwitzes im Grenzbereich zum alpenländischen Polit-Jux haben schon an der Beta-Version ihren Spaß.
Lustspielhaus, Samstag 20.30 Uhr, Tel.344974
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