Pippi Langstrumpf mit dem bösen Blick

Audio von Carbonatix
Preisfrage: Mit welcher Musik begegnet man am besten dummem Nationalismus? Die Antwort hört sich martialischer an als sie im vollen Ampere dann tatsächlich war: „Seek And Destroy” von Metallica – aber bitte nur in der Hellsongs-Interpretation. Die selbsternannten Lounge-Metaller geben sich vor den textsicheren Fans ganz politisch, wettern gegen den Rechtsruck in ihrem Land. Und das mit entschlackten Metal-Hits von Slayer oder Iron Maiden in ihren eigenen, begeistert beklatschten Akustik-Coverversionen.
Dabei fängt der Gig für das sympathisch Denglisch parlierende Trio aus Göteborg alles andere als rosig an: Die Gitarre bleibt stumm, man muss sich erst noch richtig einstöpseln. Dieser Mini-Fauxpas steigert aber nur die Ungeduld des Publikums, das mehr aus Kuschelpärchen als aus langmähnigen Headbangern besteht. Denn eigentlich hatte sich Hellsongs bereits aufgelöst, bis man mit einer neuen Sängerin jetzt doch wieder auf Tour ging. Und My Engström Renman, die aussieht, als würde ihre Verwandtschaft auf die Namen Pippi Langstrumpf, Gundula Gaukelei oder Björk hören, besteht ihre Feuertaufe.
Zu Beginn muss sie aber noch ihre Schüchternheit ablegen und sich zwingen, nicht mehr auf den Notenständer zu starren. Doch spätestens die Gröl-Hymne „Stand Up And Shout”, mit der Hellsongs dem 2010 verstorbenen Sänger Ronnie James Dio gedenkt, löst die Verspannungen. Renman singt kraftvoll, gefühlvoll und tänzelt mädchenhaft X-beinig – angefeuert vom Gitarristen Kalle Karlsson. Aber auch Metaller dürfen sich freuen: Renman hat einen so herrlich bösen Blick drauf, vor dem würde sich sogar ein Alice Cooper fürchten.
- Themen: