Pioniere am Mount Everest

Zwei neue Bücher über die Berg-Legenden George Leigh Mallory und Sir Edmund Hillary
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Zwei neue Bücher über die Berg-Legenden George Leigh Mallory und Sir Edmund Hillary

Als Edmund Hillary zusammen mit Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 als erster Mensch auf dem Gipfel des Mount Everest stand, wusste er, dass diese Leistung nicht ohne die Erkenntnis vorangegangener Expeditionen möglich gewesen wäre. „Mallory würde sich sicher freuen, wenn er hiervon wüsste“, sagte er später beim Abstieg auf dem Südsattel. Schließlich war es der Brite Mallory, der bei der Everest-Erkundung 1921 und bei den Gipfelversuchen 1922 und 1924 den Weg bereitet, dabei allerdings ein Geheimnis mit in den Tod genommen hatte: War es vielleicht doch möglich, dass er und sein Seilpartner Andrew Irvine, als sie am 8. Juni 1924 zum letzten Mal auf rund 8500 Metern Höhe gesichtet wurden, den Weg bis zum Gipfel vollendet hatten?

Dem Alpinhistoriker Jochen Hemmleb ließ diese Frage keine Ruhe, auch durch seine Recherchen gelang es einer Such-Expedition 1999 tatsächlich, Mallorys Leiche, die deutlich Spuren eines Absturzes zeigte, in 8150 Metern aufzuspüren. Doch die „Schnitzeljagd“ auf dem Dach der Welt war damit noch keineswegs gelöst. Der Sensationsfund animierte Bergexperten aus aller Welt, das letzte Geheimnis des „Dritten Pols“ ausfindig zu machen: Wo liegt die bis heute nicht gefundene Leiche von Mallorys Seilpartner Irvine (und dessen Kamera). Und könnte mit diesem Fund endgültig geklärt werden, ob die beiden – oder einer von ihnen – den Everest bestiegen hatten?

Die Geschichte muss nicht umgeschrieben werden

Reinhold Messner, der 1978 als Erster mit Peter Habeler den Gipfel ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr bezwang, hat seine Meinung hierzu schon häufig kundgetan. Er hält es für ziemlich ausgeschlossen, dass die beiden mit der damaligen Ausrüstung über die „Zweite Stufe“ (eine Kletterwand auf 8605 Metern Höhe) gekommen sein könnten. Aber dieser Einwand ist inzwischen entkräftet worden, der Katalane Oscar Cadiach bezwang das Teilstück gar in einer Art historischer Mallory-Tracht. Hemmleb selbst hält sich allein an die Tatsachen und zieht seine Schlüsse; dass aber die Berg-Geschichte noch einmal ganz neu verfasst werden muss, glaubt auch er nicht.

Sein reich bebildertes Buch gibt einen großartigen Einblick in den Alpinismus, von der Entwicklung der Ausrüstung bis zur Politisierung des Everest-Gipfels durch die Chinesen – und den Ausbau des Berges für den Massentourismus in den letzten Jahren. Auch die immer absurderen Geschwindigkeitsrekorde am Everest sieht Hemmleb kritisch: Die modernen Extremsportler haben nichts mehr gemein mit der ursprünglichen Abenteuersuche und dem Geist der alten Pioniere.

Sein Buch „Tatort Mount Everest: Der Fall Mallory“ (Langen Müller, 270 Seiten, 24.95 Euro) ist somit mehr als die hoch spannende Zusammenfassung der derzeitigen Faktenlage im Fall Mallory und Irvine. Es ist auch eine Art innere Annäherung an die Protagonisten. Hemmleb ist ein ausgezeichneter Erzähler, der die Ängste und Sehnsüchte am Berg sehr nachfühlbar beschreiben kann.

Es fehlt an sprachlicher Kraft

Ein wenig mehr von diesem Erzähltalent hätte man der neuseeländischen Kunstkuratorin Alexa Johnston gewüscht, die mit „Sir Edmund Hillary“ (Malik, 380 Seiten, 22.95 Euro) eine neue Biografie des im vergangenen Jahr im Alter von 88 Jahren gestorbenen Gipfelhelden vorlegt. Nicht, dass die bei Hillarys Vorfahren Mitte des Neunzehnten Jahrhunderts einsetzende Lebensgeschichte des Abenteurers und großen Menschenfreundes Lücken hätte oder langweilig wäre. Es fehlt allein die sprachliche Kraft, das existenzialistische Treiben in der Todeszone abzubilden.

Volker Isfort

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