Petrarca zum Anschieben
Hans Magnus Enzensberger stellt im Lyrik-Kabinett in der Amalienstraße sein Wortspielzeug aus
Hochkultur und Humor waren bei Hans Magnus Enzensberger noch nie verfeindete Brüder. So schuf der „Weltgeist aus Schwabing“, der im kommenden Herbst 80 Jahre alt wird, schon einen Poesieautomat, der klar erkennbare Enzensberger-Lyrik produzierte.
Sein jüngstes Wortspielzeug „Ricordi di Laura“ fügt den über 300 Sonetten Petrarcas (1304 - 1374) an Laura neue hinzu. Auf der sechseckigen Säule können 14 Gedichtszeilen verschoben werden. Das Schriftbild zeigt an, ob es sich um eine Original- oder erdrehte Neufassung handelt. Ein bisschen habe er die Texte hingebogen, gab Enzensberger in Ursula Haeusgens Lyrik-Kabinett (Amalienstraße 83, Rückgebäude) zu, dann animierte er die Gäste – darunter Joachim Kaiser und die Verleger Michael Krüger und Wolfgang Balk –, selbst ihr Sonett-Glück zu probieren.
Zur ironischen Abrundung deklamierte Enzensberger Robert Gernhardts berühmtes Sonett „Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs“ mit dem legendären Auftakt: „Sonette find ich sowas von beschissen/ so eng, rigide, irgendwie nicht gut....“.
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