Nur wer Kette raucht, kann große Literatur schaffen
Ein ehemaliger Schlapphut aus Temeswar tratscht über die rumäniendeutsche Nobelpreisträgerin Herta Müller
Der frühere stellvertretender Securitate-Chef im westrumänischen Temeswar, Radu Tinu, hat die Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller in einem Interview angegriffen. Die aus Rumänien stammende Schriftstellerin habe „eine Psychose“, sagte er der rumänischen Tageszeitung „Adevarul“ (Donnerstag).
Die Securitate habe Müller in den 80er Jahren wegen ihrer Treffen mit dem Kulturattaché der Bonner Botschaft in Bukarest verfolgt, der ein „Spion“ gewesen sei. Tinu war kurz nach der Wende wegen Repressalien gegen Oppositionelle angeklagt und nach 717 Tagen Untersuchungshaft freigesprochen worden. Heute ist er Filialleiter der rumänischen Versicherungsgesellschaft Asirom in Temeswar.
Sogar im Klassenzimmer rauchte sie
Tinu sagte, er habe persönlich die Abhörmikrofone in Müllers damaliger Temeswarer Wohnung angebracht. Das sei aber nur ein einziges Mal gewesen und nicht – wie Müller behauptet – mehrmals. Gerade weil Müller „vom (west)deutschen Geheimdienst umworben“ gewesen sei, habe die Securitate sie „mit Handschuhen“ behandelt, sagte Tinu.
Als Lehrerin sei sie entlassen worden, weil sie ständig, auch im Klassenzimmer, geraucht habe. Er habe sich dafür eingesetzt, dass sie wieder als Lehrerin angestellt wird, behauptete Tinu.
Der Geheimdienst hatte jedoch, wie später bekannt wurde, die Eltern der Schüler unter Druck gesetzt, denen Müller privat Deutschunterricht gab. Ihre Bücher zeugen seitdem vom Schreiben gegen das Vergessen, schmerzhaften Erinnerungen an eine düstere Vergangenheit im totalitären System des Ceausescu-Regimes, dem die im seinerzeit deutschsprachigen Banat geborene Autorin erst 1987 nach Zensur und Bespitzelung entkommen konnte. Zusammen mit ihrem damaligen Mann Richard Wagner beantragte sie die Ausreise, ging nach Deutschland und lebt seitdem in Berlin.
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