Neuer Ort für einen Mythos
Wo auch immer der Betrachter steht, der Schütze vor der Buchhütte zielt auf ihn. Hinter einem kaputten Zaun knieend, hat er das Gewehr im Anschlag. Um ihn herum steigt Rauch auf. Die dramatische Schlacht findet vor einer spektakulären Bergkulisse statt. Am 13. August 1809 kämpfen die Tiroler unter Andreas Hofer für ihre Freiheit, gegen die Franzosen und Bayern. 1894 hatten Innsbrucker Bürger den Auftrag gegeben, die Schlacht auf einem Gemälde festzuhalten.
Auf mehr als tausend Quadratmetern Leinwand verdichten sich auf dem Innsbrucker Riesenrundgemälde die Kämpfe der dritten Bergiselschlacht. Der Besucher steht mittendrin, kann in 360-Grad-Sicht den Tiroler Freiheitskampf erleben. Im „Tirol Panorama“ hat es jetzt ein neues Zuhause gefunden. Der verglaste Neubau zeigt Richtung Osten, dort wo die Hauptverkehrsrouten an der Inntal- und Brennerachse verlaufen, er hat eine fast schon skulpturale Präsenz. Zu dem Ort hin, wo die Schlacht vor über hundert Jahren stattgefunden hat, ist das Gebäude in den Berg abgesetzt. Über mehrere Geschosse nähert sich der Besucher räumlich, aber auch zeitlich der Schlacht. Assoziativ verknüpfte Daten, Begriffe und Karten stimmen auf das Rundgemälde ein. Tafeln fassen die Ereignisse vor der Schlacht zusammen.
Andreas Hofer - wie ihn die Tiroler sahen
An klassizistische Statuen erinnernde Skulpturen auf hohen Sockeln stellen die Personen vor. Doch manche der Sockel sind leer. Sie stehen für die Namenlosen: die Tiroler Frauen, Landvolk, Aufständische. Je näher der Besucher dem Rundgemälde kommt, desto mehr dramatisiert und emotionalisiert die Ausstellung. Die Waffen der Aufständischen (Keulen, Bauerngeräte) hängen denen der Besatzer (Gewehre) gegenüber.
Das Rundgemälde neigt sich zum Betrachter hin, so dass ein dreidimensionaler Eindruck entsteht. Dieser wird durch eine Weiterführung des Gemäldes außerhalb des Bildes verstärkt. Ein zerbrochener Zaun im Bild, ragt aus ihm tatsächlich heraus und überführt die Illusion in die Wirklichkeit.
Der Münchner Michael Zeno Diemer, der 1894 hauptverantwortlich für die Erstellung des Gemäldes war, arbeitete mit Bildern, an die man gewöhnt ist. Die Darstellung von Andreas Hofer beispielsweise ist keine historisch verbürgte, sondern ein Bild, das sich die Tiroler von ihm gemacht haben. Der Anführer des Aufstands war bei der Schlacht auch nicht auf dem Bergisel.
Nach zahlreichen Umzügen des Riesenrundgemäldes, war auch dieser endgültige eine Herausforderung. Es galt, eine 94 Meter lange Leinwand mit einem Gewicht von 1,2 Tonnen zu transportieren. Um das empfindliche Gemälde nicht zu beschädigen, konnte man es nicht einfach aufrollen, sondern musste es in einem schwierigen Verfahren so rollen, dass ein paar Millimeter Platz zwischen den Schichten blieb. Letztendlich hatte das Gemälde ein Transportgewicht von 2,5 Tonnen – über einen Kran wurde es durch das Dach des Museums an seinen Platz gebracht.
Im Untergeschoss findet sich als Verbindung zum Kaiserjägermuseum der „Schauplatz Tirol“. Zu vier Themen, die auch im Rundgemälde zu finden sind, arbeitet die Ausstellung assoziativ: Politik, Religion, Natur und Tiroler Typen. Im historischen Kaiserjägermuseum von 1880 wird der Besucher auf Zeitreise geschickt, in die Vergangenheit der Kaiserjäger, aber auch der musealen Präsentationsform. Unter dem Dach des Gebäudes findet eine interaktive Auseinandersetzung mit dem neuen Europa in Verbindung zu Tirol statt und schlägt den Bogen von gestern zu heute.
Bergisel 1-2, Innsbruck. Geöffnet Montag bis Sonntag von 9 bis 17 Uhr. Eintritt 7 Euro, ermäßigt 4 Euro