Woodkid in der Muffathalle: Mit Trommeln und Trompeten

Weltschmerz, Pathos, Überwältigung: Pop- Jungstar Woodkid in der ausverkauften Muffathalle
von  Florian Koch

Erst dröhnen die Fanfaren, dann flirren die Streicher, bis ein weißes Tuch auf der Großbildleinwand dramatisch zu flattern beginnt. Das vorwiegend junge Hipster-Publikum in der vollen Muffathalle wirkt bei soviel Pathos fast eingeschüchtert. Dabei gibt das vorprogrammierte Intro zum Auftritt des gehypten französischen Pop-Newcomers Woodkid nur die Stimmung seines ersten Albums „The Golden Age” wieder.

Darauf bekennt sich der 30-Jährige Videoclipregisseur von Stars wie Lana Del Rey oder Lady Gaga mit polterndem Orchester, hämmernden Marschtrommeln und einem wenig zarten Orgel-Zuckerguss mutig zum archaisch-martialischen Überwältigungssound. Live bleibt er sich diesem Konzept sowohl musikalisch als auch ästhetisch treu.

So gleitet die Kamera bei „Baltimore’s Fireflies” durch eine endlos lange Basilika, während Woodkid theatralisch die Arme ausbreitet. Gebrochen wird dieser feierlich-messianische Gestus allerdings durch sein Äußeres. Denn mit Cap, Vollbart, Kettchen und schlichtem Shirt kommt Yoann Lemoine alias Woodkid eher wie ein schmächtiger Hip-Hopper als ein beseelter Prediger rüber.

Das wechselvolle Spiel mit Identitäten exerziert der ausgebildete Grafikdesigner gleichermaßen in seinen Texten über das Heranwachsen, aber auch in seiner Performance durch. So gibt Woodkid mit seiner gebrochenen, an Antony Hegarty erinnernden Stimme mal den melancholischen Schmerzensmann, während drei Bläser eine Stimmung wie bei einer Beerdigung erzeugen oder er lässt sich beim rhythmischen Suchscheinwerfer-Synchron-Trommelwirbel zur Hitsingle „Iron” freudestrahlend über die Bühne tragen.

Und wenn Woodkid in seiner „Brooklyn”-Variation am schönsten Frühlingstag des Jahres behauptet, dass es in München dauerregnet, meint man beim Perfektionisten sogar ein wenig Ironie herauszuhören.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.