Wilde Trommeleskapaden ab dem Kleinkindalter

Ob im Trio oder mit Big Band samt elf Bläsern: Der Drummer Gard Nilssen ist sensationell.
Ssirus W. Pakzad |
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Der norwegische Schlagzeuger Gard Nilssen.
Der norwegische Schlagzeuger Gard Nilssen. © Ssrirus W. Pakzad

Zum Glück für die internationale Jazzgemeinde hat Gard Nilssen nie gegen das opponiert, was so ziemlich alle in seiner Familie taten: Schlagzeug spielen. Er konnte kaum richtig laufen, da nutzte er Mutters Topfsammlung schon für Trommel-Eskapaden. Mit vier bekam er sein erstes Drum-Kit.

"Ich hatte so einen gelben Schlagzeugstock, den legte ich so gut wie nie aus der Hand und nahm ihn sogar mit ins Bett", sagt der 39-jährige Norweger, der für seine rhythmische Präzision und Offenheit, seine unberechenbaren Schlagfolgen, sein Gespür, seine Virtuosität, seine Wandelbarkeit stets Elogen in der Presse zu lesen bekommt. In dieser Woche veröffentlichte Nilssen ein Album seines bewährten Trios "Acoustic Unity".

Mischung aus Feinsinn und Brutalität

Auf "Elastic Wave" ist fast alles zu hören, was Gard Nilssen als Schlagzeuger ausmacht: diese Mischung aus Feinsinn und Brutalität, dieser Wechsel zwischen gleichmäßigem Puls und Extrasystolen, dieses Hin und Her zwischen Attacke und Rückzug, dieser Sinn für alles, was der Musik dient.

In den kompakt gehaltenen, relativ kurzen Stücken des Albums passiert so viel - auch, weil der Saxofonist und Klarinettist André Roligheten und der kürzlich erst mit dem SWR2 Jazzpreis ausgezeichnete schwedische Bassist Petter Eldh ähnliche musikalische Vorstellungen haben wie ihr Bandleader und fast auf telepathische Weise mit ihm kommunizieren.

Gegründet hatte Gard Nilssen sein Trio nach einer Phase, in der er vornehmlich überlaute, Rock-nahe Musik spielte. Eine Probe seines neuen Dreiers schnitt er 2014 mit und war vom Ergebnis so angetan, dass er die Aufnahmen veröffentlichte - er wurde prompt für einen norwegischen Grammy nominiert.

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"Acoustic Unity" ist nur eines von vielen Betätigungsfeldern des aus Henrik Ibsens Geburtsstadt Skien stammenden Gard Nilssen, in dessen Diskografie über siebzig Alben aller Couleur aufgelistet sind. "Ich könnte nie für den Rest meines Lebens nur in ein und derselben Band spielen", sagt der Schlagzeuger. "Ich wache jeden Morgen mit dem Drang auf, etwas Neues zu kreieren, etwas auszuprobieren oder weiter zu entwickeln."

Diesen musikalischen Unruhegeist ehrt das Jazzfestival im österreichischen Saalfelden - es ernannte Gard Nilssen zum "Artist in Residence". Der Norweger wird dort im August mit seinem Trio "Acoustic Unity" sowie der nach einer südafrikanischen Chili-Soße benannten Band "Bushman's Revenge" auftreten und sich mit dem Trompeter Cuong Vu und dem Gitarristen Even Helte Hermansen spontan austauschen. Highlight aber dürfte das Konzert von Gard Nilssens umwerfendem "Supersonic Orchestra" werden - die prominent besetzte Truppe besteht aus elf Bläsern, drei Kontrabassisten und drei Schlagzeugern und entwickelt auf einem bereits erschienenen Live-Album eine immense Wucht, einen unbändigen Drive.

"Was ich mache, kommt in Wellen und variiert von Zeit zu Zeit"

Spielt Gard Nilssen eigentlich von Projekt zu Projekt anders? "Nein, ich empfinde die Musik, die ich mache als offenen Ort und als Möglichkeit des Austauschs mit anderen Musikern", sagt er, als die AZ ihn in Neuburg an der Donau trifft. "Die Musik verändert sich natürlich von Band zu Band, aber meine Herangehensweise ist immer ganz ähnlich. Nur die Sounds und Ausdrucksmittel ändern sich. Ich mag es ganz offen und frei zu spielen, schnell, hässlich, aber auch sehr schön - was ich mache, kommt in Wellen und variiert von Zeit zu Zeit. Referenzen sind dabei wichtig, aber am Ende kannst du nur klingen wie du selbst."

Gard Nilssen ist als Artist in Residence" beim Jazzfestival Saalfelden zu erleben, 18. bis 21. August, mehr Infos unter www.jazzsaalfelden.com. Sein neues Album mit Acoustic Unity, "Elastic Wave" ist bei ECM/ Universal erschienen

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