Was für ein Bankett!
Die Sopranistin Simone Kermes triumphiert mit ihrer CD „Dramma“ und kommt nach München
Was ziehen Sie vor? Atemberaubenden Zirkus oder ein gefühlsüberwältigendes Hollywood-Melodram? Man kann gewagte Koloraturen artistisch exekutieren wie einen perfekten Trapezakt in schwindelnder Höhe mit gewagten Stimmkapriolen. Oder man kann Seele hineinlegen, das Gefühl nach vorne schieben: Dann versteht man zum Beispiel, wie der von Ariadne umgarnte Krieger Theseus dann doch an der Brust der Geliebten Frieden findet (Giuseppe de Majo: „Arianna e Teseo“, „Per trionfar pugnando“).
Was aber, wenn eine Sängerin das Stimm-Gefühls-Multitasking so irrsinnig beherrscht, dass sich spielerische, bewegliche, mühelose Kunstfertigkeit und Seelen-Wandeln in den Themen der Barock-Arien ergreifend vereinen? Für das Erlebnis muss man nicht bis zur Zugabe der neuen CD „Dramma“ von Simone Kermes mit dem rührseligen Händelklassiker „Lascia ch’ io pianga“ aus „Rinaldo“ warten. Nicola Porpora (1686–1768) versorgt uns auf der Scheibe gleich fünf Arien lang mit den Höhen und Tiefen mythologischer Schicksale.
Wir Deutsche aber werden sicher besonders darauf schauen, wie wir Germanen uns in den Opern schlagen: zum Beispiel in Porporas „Germanico“. Wenn die Kermes als unser Arminius in Ketten den welschen Schuften schwört, das Capitol in Schutt und Asche zu legen, dann spürt man teutonischen Furor – und dann setzt sie dem Wort „Empi“ (Schufte) in der Reprise einfach mal kurz eine Oktave höher als die Läufe es nahelegen einen Nadelspitzenton wie den Römern einen drohenden Messerstich. Das ist so grandios, dass man an Porpora denken muss, als er seinen Gesangsschüler, den Superkastraten Caffarelli, nach seinen rasenden Koloraturläufen verabschiedete: „Geh’! Ich kann dir nichts mehr beibringen. Du bist jetzt der größte Sänger Italiens und der ganzen Welt!“
Und triumphal kehrt Herrmann/Arminius am Ende der CD unter original-instrumentalen Klängen und Geschmetter des Orchesters La Magnifica Comunitá nach Germanien zurück – in die Heimat auch von Simone Kermes. Wir Münchner sind ja nach dem Abgang von Sir Peter auf Barock-Entzug. Da muss die „Dramma“-CD von Simone Kermes die Zeit bis zu ihren Gasteig-Auftritten im Februar (nicht barock, sondern als Lucrezia in Verdis „I due foscari“) erst mal überbrücken. Im Mai kommt sie dann aber mit „Dramma“ in den Herkulessaal. Ein Drama, wer das verpasst.
Simone Kermes „Dramma“, Sony Classical; Gratis-Kostprobe bei Ludwig Beck am Marienplatz, 16. November, 18 Uhr; Verdis „I due foscari“ mit Kermes, Paolo Gavanelli etc., am 3. und 10. Februar 2013, im Gasteig, Karten 20 bis 89 Euro; Konzert: „Dramma“ am 12. Mai, Herkulessaal, Euro, Karten ca. 27 bis 80 Euro unter 54 81 81 81
- Themen:
- Gasteig
- Herkulessaal
- Sony