Was das Orchester der Stadt für die neue Saison plant
Auf dem Bildschirm eine Endlosschleife mit spektakulären Konzertsälen. Darunter ein flacher Pfannkuchen am Wasser. Daneben auf dem Podium Valery Gergiev, Kulturreferent Hans-Georg Küppers, Intendant Paul Müller und der Orchestervorstand Stephan Haack. Und die Frage drängte sich auf: Bekommen die Münchner Philharmoniker ein spektakuläres Ausweichquartier am Olympiasee?
Nein. Es ist ein Konzertsaal in China, wo die Philharmoniker im kommenden Herbst gastieren werden. Eine Station wird das neue Kulturzentrum in Nanking sein. Und doch hat dies mit der philharmonischen Zukunft in München zu tun, wie Paul Müller betonte: Nirgendwo ist das Konzertpublikum jünger als in Asien. Ein Impuls, der sich nach München tragen lässt, wenn das Orchester der Stadt während des Gasteig-Umbaus in eine Interimsspielstätte umziehen muss.
Der Umzug als Chance
Die älteren Abonnenten mag das schrecken. Für die Gewinnung eines jüngeren Publikums kann es eine Chance sein. Die Stadt, so Küppers, prüft derzeit drei mögliche Standorte: die Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke, eine Brache unterhalb des Sechzigerstadions an der Candidstraße und eine Freifläche am Messe-See. Viel spricht dafür, dass die engere Wahl sich auf Giesing und Riem konzentrieren wird: Beide Grundstücke gehören der Stadt, und für Riem spricht die gute Verkehrsanbindung. Am 5. April befasst sich der Stadtrat voraussichtlich mit den Plänen für die Gasteig-Renovierung.
Valery Gergiev rechnet mit einer Umbauphase von drei Jahren: „Eine längere Zeit wird schwieriger.“ Auch er versteht diese Zeit als Chance für das Orchester, in der Stadt mehr Präsenz zu zeigen. Der Chefdirigent sprach ohne Umschweife über einen Zeitraum, für den er noch gar keinen Vertrag hat. Er wirkt entschlossen, sich bei der Stadtspitze für sein Orchester einzusetzen. Alles spricht daher für eine Verlängerung seines Fünfjahresvertrags, der 2020 endet.
Die Weltmarke Gergiev
Stephan Haack lobte Gergievs Arbeit am Klang. Die internationale Nachfrage nach Gastspielen unter dem Chefdirigenten sei groß, versichert Paul Müller. Die Auslastung in München liegt bei 87 Prozent, die Zahl der Abonnenten gilt als stabil.
Dass die Münchner Konzerte des Chefdirigenten nie die ganz große Begeisterung auslösen, die bei seinen Kollegen Mariss Jansons und Kirill Petrenko selbstverständlich ist, lässt sich da verschmerzen. Gergiev ist eine Weltmarke, bei der die Qualität des Einzelprodukts im Gasteig bisweilen vernachlässigt werden kann.
In der kommenden Saison gibt es keine Überraschungen. Gergiev arbeitet weiter an seinem Bruckner-Zyklus, der im oberösterreichischen Sankt Florian aufgezeichnet wird – in Hörweite der Gruft des Komponisten. Ein weiterer Schwerpunkt: Igor Strawinsky. Wagners „Fliegender Holländer“ wird mit Bryn Terfel konzertant im Gasteig und in Baden-Baden aufgeführt. Auf dem Odeonsplatz geigt David Garrett 2018 unter Gergievs Begleitung das Tschaikowsky-Konzert.
Mehr Mut wagen
Bei den Gastdirigenten setzen die Philharmoniker auf die langfristige Zusammenarbeit mit Zubin Mehta, Semjon Bychkov, Paavo Järvi, James Gaffigan und Krzysztof Urbanisky. Neu dazu kommen Lorenzo Viotti, Jakub Hrusa und François-Xavier Roth. Auch Barbara Hannigan kehrt zurück: Sie dirigiert in Kürze ein Vor-Ort-Konzert im Trambahnmuseum.
Im Dezember 2017 gibt es Bachs „Weihnachtsoratorium“ unter Ton Koopman. Kent Nagano dirigiert Mahlers Dritte. Die Programme sind durchwegs traditionell, Überraschungen und ungewöhnliche Zusammenstellungen, wie sie das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunk mit einigem (Publikums-) Erfolg riskiert, fehlen leider. Das Trompetenkonzert von Geoffrey Gordon und Luciano Berios „Sinfonia“ sind Ausnahmen, eine Uraufführung sucht man vergebens.
Aber vielleicht ist das nur die Ruhe vor dem Sturm. 2018 begehen die Münchner Philharmoniker den 125. Jahrestag ihrer Gründung. Und der wird offenbar groß gefeiert: Details dazu werden naturgemäß aber erst in einem Jahr bei der nächsten Pressekonferenz verraten.