Warum sie Brahms lieben

MÜNCHEN - Vor 25 Jahren gewann das Mandelring Quartett den 1. Preis beim ARD-Musikwettbewerb. Nun kehrt es mit einer eigenen Konzertreihe nach München zurück. Die drei Konzerte umkreisen Johannes Brahms, den leuchtenden Fixstern der Romantik. Umkreist wird er in dieser Reihe von seinen Vorbildern, Zeitgenossen und Nachfolgern. Wir sprachen mit Bernhard Schmidt, dem Cellisten des Ensembles.
AZ: Herr Schmidt, warum lieben Sie Brahms?
BERNHARD SCHMIDT: Mich spricht die besondere Mischung aus Intellekt als auch Emotion an. Brahms komponiert nie schulbuchmäßig, sondern immer überraschend und mit einem herben Charme. Er war kein Glückskind wie Felix Mendelssohn Bartholdy, aber wer offen ist für dunklere Farben, für den ist Brahms ideal.
Ich finde, offen gesagt, gerade die Quartette etwas spröde.
Wir werden Sie spielend widerlegen. Ein Werk wie das Sextett in G-Dur hat gewiss mehr sinnliche Reize als die Quartette. Aber das ist nur ein erster Eindruck. Die beiden Quartette op. 51 mischen eine enorme Intensität mit lyrischen Anteilen. Sie sind klanglich vielleicht nicht so reich wie die Kammermusik von Mendelssohn Bartholdy. Aber Brahms lädt immer auch ein, den Klang zu genießen, an dem mir besonders die dunkle Temperierung gefällt. Bratsche und Cello haben immer viel zu tun.
Warum beginnen Sie Ihren Zyklus mit dem letzten Quartett?
Es ist das interessanteste Werk. Zu der romantischen Tonsprache kommt am Anfang des ersten Satzes und im Variationensatz ein Rückbezug auf Haydn. Es ist das vielfältigste Stück, aber von der Klanglichkeit wegen der vielen kleinen Noten nicht einfach zu realisieren. Der Max-Joseph-Saal ist dafür ideal. Mittelsätze, bei denen die Bratschen eine zentrale Rolle spielen, sind so wunderbar. Selbst wer nicht für den ersten Satz brennt, empfindet da einen Hochgenuss.
Warum steht Brahms für Sie im Fokus?
Die Quartette haben wir schon vor einiger Zeit für Audite aufgenommen. In diesem Monat erscheinen die Quintette, im Frühjahr dann die Streichsextette. Brahms steht im Moment einfach auf unserer Agenda.
Sie kombinieren Brahms mit Zeitgenossen und Vorläufern.
Wir haben uns viele Werke angeschaut. Das kompositorische Niveau war damals hoch. Besonders hat uns ein Quartett von Felix Otto Dessoff begeistert: Er war von 1862 bis 1875 Abonnementdirigent der Wiener Philharmoniker und hat die Erste von Brahms uraufgeführt. Sein Quartett hat einen charmanten, augenzwinkernden dritten Satz. Es ist ein vollgültiges Werk, das man ohne jede entschuldigende Erklärung spielen kann.
Das Quartett hat 1991 den ARD-Wettbewerb gewonnen. Wie aufregend war das?
Es ist der wichtigste Wettbewerb dieser Art, natürlich steigt da der Adrenalinpegel. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass Kammermusik-Ensembles bei Wettbewerben kollegial miteinander umgehen. Bei einem anderen Wettbewerb hatten vier Ensembles das Quartett von Debussy im Programm. Hinterher haben wir es dann noch einmal aus Spaß in gemischter Besetzung gespielt – mit je einem Spieler aus einem der Ensembles.
Woher kommt der Name Ihres Quartetts?
Wir sind drei Geschwister und haben einen großen Teil unserer Jugend in einem ehemaligen Weingut in Neustadt an der Weinstraße verbracht, unsere Eltern wohnen heute noch dort. Es hatte ein großes Kelterhaus. Hier ist bis heute der Probenort und Sitz des Quartetts. Die Adresse ist Mandelring 69, und die Straße ist nach den Mandelbäumen benannt, die im warmen Klima der Pfalz gut gedeihen.
Eine beliebte Anekdote behauptet, dass jedes Mitglied eines Quartetts in einem anderen Hotel absteigt.
In mittlerweile 33 Jahren haben wir das nicht geschafft. Und ich glaube nicht, dass wir noch so weit kommen. Wir sind sogar in einem Auto gemeinsam unterwegs. Bei drei Geschwistern weiß man vorher, ob es geht. Und unser vierter Mann passt da gut hinein.
Karten bei München Ticket unter Telefon 5481 8181, Abos unter Telefon 1229 7367 und info@konzertwerk-muenchen.de
Die Konzerte des Mandelring Quartetts
Di. 15. November, 19.30 Uhr
Brahms und die Romantik
Schubert, Streichquartett g-Moll, D 173
Mendelssohn Bartholdy Streichquartett e-Moll, op. 44 Nr. 2
Brahms, Streichquartett B-Dur, op. 67
Di. 31. Januar, 19.30 Uhr
Brahms und Zeitgenossen
Dessoff, Streichquartett F-Dur, op. 7
Dvorák, Streichquartett F-Dur, op. 96 („Amerikanisches Quartett“)
Brahms, Streichquartett c-Moll, op. 51 Nr. 1
Di. 30. MAI 19.30 Uhr
Brahms und die Moderne
Wolf, Italienische Serenade
Webern, Langsamer Satz für Streichquartett
Berg, Lyrische Suite für Streichquartett
Brahms, Streichquartett a-Moll, op. 51 Nr. 2