Valery Gergiev dirigiert Richard Strauss - die AZ-Kritik

Die Philharmoniker spielen Strauss unter Valery Gergiev in der Gasteig-Philharmonie
Michael Bastian Weiß |
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Seinen 85. Geburtstag am 6. März wollte Lorin Maazel in München feiern, mit den Münchner Philharmonikern, und er hätte eigene Musik dirigiert. Nach dem Tod des Maestros im vergangenen Juli war dieser Abend verwaist, und sein designierter Nachfolger Valery Gergiev hat das Konzert standesgemäß übernommen.

Allerdings mit verändertem Programm: Richard Strauss’ Tondichtung „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ war überhaupt das letzte Werk, das Lorin Maazel in seinem Leben dirigierte – mit den Philharmonikern.

Die Unterschiede der beiden Dirigenten könnten hier nicht drastischer zu Tage treten. Wo Maazel mit seiner legendären Technik den Musikern Freiräume eröffnete, weil sie immer genau wussten, wo sie sich befanden, legt Gergiev keinerlei Wert auf eine nachvollziehbare Zeichengebung. Er dirigiert spontan, manchmal beliebig, und so zufällig fällt denn auch die Balance aus.

Allzu rasch gibt sich Gergiev mit dem zufrieden, was und wie es kommt. Da gehen ganze Stimmen verloren und unzählige Differenzierungen. Maazel hatte den „Till Eulenspiegel“ zu einer kleinen Symphonie gemacht, bei Gergiev stellt er nur einen Scherzo-Satz dar.

Unkontrolliert und undurchdacht

Ob es an der uneindeutigen Schlagtechnik liegt oder vielleicht auch an mangelnder Probenzeit, ist unerheblich: Beide Spielweisen der Strauss’schen Tondichtungen wirken unkontrolliert und undurchdacht. In „Also sprach Zarathustra“ geht die Sonne eher beiläufig auf, wo Maazel mit genauestem Timing die Größe dieses berühmten Beginns erstehen ließ. Wenn Gergiev gemessene Tempi wählt wie bei den „Freude und Leidenschaften“, werden sie nicht wirklich erfüllt und wirken so müde. Der Walzer des „Tanzliedes“ stolpert unbeholfen daher. An leisen Stellen spielen die Streicher so geduckt, dass sie geradezu verschwinden. Natürlich klingen die Philharmoniker wie stets mächtig, doch die Gruppen könnten noch so unendlich besser austariert werden.

Zumindest an diesem Abend ist Gergiev auch kein einfühlsamer Begleiter. Der sehnige, schlanke Ton Sol Gabettas kann sich in Antonin Dvoráks Violoncellokonzert h-moll nur dann entfalten, wenn die Solistin gleichsam allein auf weiter Flur steht. Spielt sie Melodiebögen einmal etwas breiter aus, fällt ihr das Orchester ungeduldig ins Wort. Besonders die wunderbare, ganz geräuschlose Tiefe, auch die fantasievolle Phrasierung Gabettas, werden zu oft von der ungezügelten Begleitung verdeckt.
Man kann des verstorbenen Maestros vielleicht nicht schöner gedenken, als wenn man sagt, dass man ihn jetzt schon herzlich vermisst.

 

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