Überreiche Arrangements für Elvis Costello
Wieso tritt der Songwriter-Gigant Elvis Costello ausgerechnet in Ingolstadt auf? Aus Münchner Sicht steht diese Frage im Raum des schönen Stadttheaters der Schanzer. Und gleich bei der Begrüßung wird sie schlüssig von Wolfgang Haffner beantwortet, Deutschlands prominentestem Schlagzeuger. Er sei vor einem Jahr gefragt worden, ob er mit Elvis Costello und der WDR Big Band spielen wolle - und sie für die Ingolstädter Jazztage buchen wolle. Denn deren künstlerischer Leiter ist er ebenfalls.
Und so stehen Haffner, der New Yorker Dirigent und Arrangeur Michael Leonhart und die renommierte, mit mehreren Grammys ausgezeichnete Big Band nun auf der Bühne des Festsaals des Ingolstädter Stadttheaters, der nicht ausverkauft ist. An den Abenden zuvor spielten sie bei den Jazzfesten in Leverkusen und Aalen.
Los geht es mit einer instrumentalen Nummer namens „Mr. EC“, dann lässt Keyboarder Simon Oslender die Jahrmarktsorgel erklingen und der leibhaftige Mister E.C. betritt zum Groove von „Watching The Detectives“ die Bühne. Und eigentlich ist alles angerichtet für einen sensationellen Abend.
Denn Michael Leonart hat Costellos Songs in zauberhafte, überreiche Arrangements gehüllt. Was in „Shipbuilding“ angelegt war, führt er mit großem Bläsersatz opulent aus. Bei „Almost Ideal Eyes“ grooven sich die Musiker durch oft wechselnde Rhythmen, dass es eine Freude ist. Die Big Band swingt, rockt, schwelgt, ein erstklassiges Solo folgt auf das nächste. Allein Wolfgang Haffners Schlagzeugspiel wäre den Eintritt wert. Und der dräuende, spannungsreiche Bläser-Klang bei „Riot Act“ ebenfalls.

Nur: Der Mann, der all diese geniale Musik geschrieben hat, kämpft an dem Abend heftig mit seiner Stimme. Sie kommt mitunter nicht gegen die Big Band an, und vor allem verrutschen Costello sehr viele Töne. Die grandiosen, wortreichen Melodiebögen machen ihm zu schaffen, am allermeisten bei „Toledo“, das er mit Burt Bacharach geschrieben hat.
"Pump it up" rockt den Saal
Umgekehrt zeigt die ruhige Spoken-Word-Nummer „Radio Is Everything“, wie grandios all diese Musik klingen könnte, wenn Stimme und Big Band ineinandergreifen.
Bei der vorletzten Nummer „Pump It Up“ aber zählt dann ohnehin nur noch der Rhythmus: Da knüppelt Wolfgang Haffner den so schlichten wie überwältigenden Beat von Attractions-Schlagzeuger Pete Thomas und der Saal rockt.

Zum Abschluss setzt sich der 71-jährige Costello dann ans Klavier und spielt „That Day Is Done“, das er Ende der Achtziger mit Paul McCartney komponiert hat. Die Gospel-Ballade ist mitsamt der Orgel-Einwürfe von Simon Oslender sensationell schön, und das Publikum klatscht den Musikern nach ihrem Abgang minutenlang hinterher. Doch vergeblich: Der Tag ist rum.
Die Ingolstädter Jazztage dauern noch bis zum 15. November 2025. Am Abschlussabend singt Rebekka Bakken mit der hr-Bigband Songs von Tom Waits. Gesamtprogramm und Karten unter ingolstaedter-jazztage.de
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