The Strypes: "Elton John? Ein ganz normaler Kerl"
London - Teenager in den Charts - ein heikles Thema, spätestens seit Justin Bieber. Großmäuligkeiten, Star-Kult, Eskapaden und fremdgeschriebene Fließband-Songs, das macht Musikfreunde nicht froh. Und altersmäßig ist Bieber noch gar nicht das Ende der Fahnenstange: In Großbritannien haben im Herbst die Strypes mit ihrem Debüt "Snapshot" die Charts aufgemischt, vier Jungs um die 16 aus dem irischen Cavan. Da könnte einem Böses schwanen. Wer die Band aber trifft, im Konzertsaal oder danach, der erlebt eine Überraschung: Auf der Bühne gibt es schnellen, handgemachten Blues-Rock, nach dem Konzert Tee und im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news sehr erwachsene Einsichten in das Popbusiness.
Das Debütalbum der Strypes, "Snapshot", können Sie hier bestellen
Ende November sind die vier Bandmitglieder, Evan Walsh, Ross Farrelly, Pete O'Hanlon und Josh McClorey mit den Arctic Monkeys durch Deutschland getourt. Durch Hallen, in denen schon britische Helden wie Oasis mehrfach auf der Bühne standen. Im Backstage-Raum der Band im Münchner Zenith ist aber von Rock'n'Roll-Leben wenig zu sehen: Auf einem Tisch stapeln sich dutzende Tetrapaks mit stillem Wasser, auf den Sofas sitzen die Bandmitglieder zufrieden wie zu Hause bei Muttern. "Wir wollen nicht, dass wir uns mit Alkohol die Karriere verbauen", sagt Schlagzeuger Evan lächelnd. Außerdem sei auch sein Vater mit auf Tour: "Er hat uns die ersten Gigs besorgt, rumgefahren und tausend Sachen für uns erledigt", berichtet er. "Und das könnte uns gar nicht weniger peinlich sein."
Die ersten Auftritte der Strypes gab es 2011 in ihrer Heimatstadt Cavan nahe Dublin. Im örtlichen Pub. Und das, obwohl sich die Teenager dort eigentlich noch nicht einmal aufhalten dürften. "Wir sind zehn Minuten vor Beginn reingerannt und mussten zehn Minuten nach dem Gig wieder verschwunden sein", berichtet Bassist Pete. Und dann ging alles auch ganz schnell: Videoaufnahmen von Strypes-Konzerten in Cavan sind auf Youtube mittlerweile bis zu 220.000 mal angeklickt worden. 2013 ist die Band mit ihrem millimeterfein austarierten bluesigen Rock'n'Roll in Glastonbury und bei Rock am Ring aufgetreten. Und Größen wie Elton John, Es-Oasis-Star Noel Gallagher und Dave Grohl gehören zu den Fans der Band.
Wer die Band nach diesen Leuten fragt, bekommt - Überraschung - aber weder Stolz noch Ehrfurcht zu hören. "Wir haben Elton John ein paar Mal getroffen, weil ihm die Managementfirma gehört, bei der wir unter Vertrag sind. Und er ist ein echt netter Kerl", sagt Evan. "Aber all diese Berühmtheiten und großen Namen, die wir getroffen haben, haben uns vor allem gezeigt, dass das ganz normale Leute sind." Das gelte auch für Gallagher oder Led Zeppelin-Legende Jimmy Page: "Das sind einfach Leute, die gut sind in dem, was sie tun; die gut Gitarre oder Klavier spielen. Und das war's dann auch schon. Aber sie sind wirklich nett!"
Waren bei all den Genregrößen nicht auch ein paar persönliche Helden dabei? "Doch", sagt Evan, und verrät mit seiner Auswahl auch etwas über den erstaunlichen musikalischen Hintergrund der Strypes: "Wilko Johnson von Dr. Feelgood ist mal für ein paar Songs auf die Bühne gekommen, das ist meine Topband!" Dr. Feelgood ist eine britische Rockband der 70er. 60ies, 70ies - das ist auch die Musik, die die Strypes seit jeher gehört haben. Drei der vier Jungs sind, wie sie sagen, "Freunde, seit wir denken können", ihre Eltern kennen sich schon lange. "Wir haben uns immer für die Geschichte des Rock'n'Roll interessiert", berichtet Pete.
Und dieses musikalische Erbe, gefunden in Papa Walshs Plattenschrank, ist etwas, das die sonst so besonnen parlierenden Teenager auch am Nachmittag vor dem Gig in Zustände der Leidenschaft versetzen kann. Es gehe darum, in einer Band zu sein und die Botschaft des Rock'n'Roll zu verbreiten wie einst die Sex Pistols, sagt Songwriter und Gitarrist Josh. Evan fällt ihm beinahe ins Wort: "Ja, ja, ja! Daher kommt die Dringlichkeit! Dass man diesen Bullshit loswerden will. Der Müll, von dem die ganze Musikindustrie voll ist. Es geht darum, live zu spielen. Schnelle, aufregende Musik. Vier Jungs in einer Band, ohne den ganzen Blödsinn drumherum. Das ist es!"
Dass die vier Strypes diese Aufgabe weiter akribisch und mit verblüffender Abgeklärtheit angehen werden, davon ist auszugehen. Nur das beständige Proben habe sie dorthin gebracht, wo sie jetzt sind, sind sie sich sicher. Auch ein zweites Album sei bereits angedacht - aber über's Knie gebrochen werde nichts: "Ich glaube, das ist eine Falle, in die Bands häufig tappen, zu sagen: 'Whoo, das ist unser zweites Album, da werden wir tiefgründig und intelligent sein'", sagt Evan. "Wir werden einfach ein paar Songs zusammenstellen und wenn sie gut klingen, dann ist es gut."
Bis dahin gibt es nach den Konzerten "eine Tasse Tee" und viel Schlaf im Tourbus, glaubt man den Aussagen der Bandmitglieder. Zwischen den Touren - im Dezember steht wieder ein Konzert in Großbritannien an - geht es zurück nach Cavan. "Seit ich häufig auf Tour bin, freue ich mich mehr auf zu Hause", sagt Josh. Ein paar Vorzüge hat das Leben als junger Rockstar aber auch dort: Denn zur Schule gehen die Strypes nicht mehr, das haben sie zusammen mit ihren Eltern beschlossen. "Das ist klasse, nicht mehr in die Schule zu müssen", sagt Evan.
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