The Corrs - die AZ-Kritik
Manche Dinge lassen sich nicht aufhalten, etwa, dass manche Gefühle einfach mit der Zeit verblassen und sich nicht mehr reanimieren lassen. „What can I do to make you love me? What can I do to make you care?“, das haben sich die Corrs schon vor knapp zwanzig Jahren gefragt. In der Olympiahalle hat das Lied von der Hoffnung, eine alte Liebe zurückzugewinnen, und der Gewissheit, letztlich loslassen zu müssen, nichts an seinem süßen Drive verloren. Aber es sind dann doch nur 4000 Zuschauer, die den vier Geschwistern, plus einem Bassisten und einem weiteren Gitarristen, zuhören. Das hintere Hallendrittel ist leer und wurde abgehängt, die bestuhlte Mitte wirkt immerhin angenehm gefüllt.
Zehn Jahre lang haben The Corrs, auch babybedingt, eine Bühnenpause gemacht, nachdem sie in den 1990ern mit ihrem ersten Album „Forgiven Not Forgotten“ eine beachtliche Karriere starteten. Zwischendurch versuchten sich zwei der Gruppe, Sharon und Andrea, an Soloausflügen, aber das Erfolgsrezept Pop mit keltischen Elementen und gemäßigten Rockanleihen wollte nicht mehr recht greifen. Nun stehen die Vier aus dem irischen Örtchen Dundalk den Problemen einer Comeback-Band gegenüber: Wie die Zuneigung wieder erwecken, wenn sich im Pop und im Leben alles so schnell verändert, dass selbst Nostalgiker gar nicht mehr wissen, wo die alten Corrs-CDs im Regal stehen?
Zurück in die Zukunft
Neu erfunden hat sich das Familien-Quartett jedenfalls nicht. Die neue CD „White Light“ hört sich an wie ein Album aus den Neunzigern, glatte, melodiöse Songs, in denen die irische Folklore auf ein bisschen Lokalkolorit zurückgefahren ist. Live klingt das neue Material munterer, aber dennoch völlig aus der Zeit gefallen: nichts Hochgepitchtes, keine elektronischen Spielereien, dafür lässt Corrs-Bruder John bei „White Light“ mal ein paar schimmernde Synthiesounds schweben. Viel mehr als angenehmen Folk-Pop wollen die Corrs nicht machen, aber die Stimme von Andrea Corr gibt mancher Konfektionsware genug Frische, dass man nicht ein- sondern mit dem Kopf mitnickt.
Flüssig wie irisches Quellwasser sind auch die Bewegungen der 42-Jährigen, leichtfüßig ihre eingestreuten Pirouetten. Man muss an eine Fee denken und wie toll es ist, wenn sich jemand offensichtlich kalorienarm ernährt. Schön anzuschauen ist das Konzert, auch dank einer Reihe kleiner Leuchtkugeln, die vom Bühnenhimmel herunterschweben und variabel sich formieren können, die Farben wechselnd, während die meisten der Songs sich in ihren Harmonien stark ähneln. Sharon hat ihre Einlagen an der Fiddle und setzt harmonierende Gesangsschnörkel. Caroline ist eine grundsolide Drummerin, die für das akustische Set auf die Bodhrán, eine kleine Rahmentrommel, umsattelt.
Unermüdliche Energie
Gerade in diesem akustischen Mittelteil kommt das Konzert, kommen die Corrs zu sich, wird es intimer und der Sound filigraner, selbst wenn die Irish-Pub-Atmosphäre, die Andrea beschwört, eine recht touristische ist. Hübsch, wie sie ein paar Traditionals spielen, „Lough Erin Shore“ darunter, und bei „Ellis Island“ vereinen sich die Stimmen der Schwestern zum fein harmonierenden Mini-Chor.
Kurz vor Ende stürmen die Sitzgäste wie von der Tarantel gestochen nach vorne, immerhin singen die Corrs in „So Young“ über eine unermüdliche Energie, die auch jenseits der 40 niemals versiegen wird. Und die Zuneigung, war sie wieder da, konnte die alte Liebe aufgefrischt werden, zwischen den Corrs und den immerhin 4000? „I never stop falling in love with…“ sang Andrea Corr bei „Runaway“, machte eine Kunstpause, und einige aus dem Publikum sangen einfach das „you“ hinein. Na also.
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