Tempomacher ohne Taktgefühl

Der jamaikanische Dancehall-Star Sean Paul läutet im Zenith den Sommer ein
Florian Koch |
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Überfallartige Action, kurze Ruhephasen und ein Showdown, der noch einmal alle so richtig durchschüttelt. Was Hollywood mit seinen Sommer-Blockbustern kann, das kann ich auch mit meiner Musik, denkt sich wohl Sean Paul bei seinem Auftritt im Zenith vor 3700 jungen Fans.

Der 40-jährige Jamaikaner mit der Irokesenfrisur liefert seit zehn Jahren einen tanzbaren Sommerhit nach dem anderen ab. Das Prinzip – treibende Dancehall-Beats mit sich überschlagendem Sprechgesang und eingängigen, meist weiblichen Refrains – ist dabei fast immer gleich. Gegen die Mainstream-Monotonie setzt Paul live auf die Überwältigungstaktik.

Für seine „Sexy Ladies“ im Publikum hat er sich neben Konfetti-Berieselung, Kunstnebel-Kanonenbeschuss und eindeutigen Hüftbewegungen auch eine Setlist ausgedacht, die gleich zu Beginn mit knackigen Hits wie „Get Busy“ aufwartet. Mit der Gegenliebe hält sich das noch wetterbedingt schockgefrorene Publikum aber zurück.

Denn zu abrupt geraten die Übergänge, zu dröhnend der breiige, Schlagzeug verstärkte Electro-Sound und zu laut ist Pauls Micro eingestellt, so dass die Refrains vom Band fast untergehen. Seine fraglos beeindruckenden Stakkato-Singsang-Rapeinlagen verlieren damit an Präzision, was auch seine Band, darunter ein im Stile von Fatman Scoop Befehle brüllender DJ („Hands Up!“) nicht ausbügeln kann. Immerhin bekommt der aktuell erfolgreichste Musik-Export Jamaikas nach einer Reggae-Ruhephase mit - natürlich - „No Woman, No Cry“ noch einmal die Kurve und drückt im Schlussdrittel das Beatgaspedal bis zum Anschlag durch.

Dabei quetscht die Gute-Laune-Maschine mit Fan-Mitsing-Unterstützung aus neuen Songs („She Doesn’t Mind“) das Letzte heraus und schmückt sich auch noch stimmungsfördernd mit wenig originellen fremden Federn („Seven Nation Army“, „Gangnam Style“). Womit wir wieder beim Baukastenprinzip für einen Hollywood-Hit angekommen sind.

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