Steve Earles Land der Geister
Der Mann kennt jede Fernstraße der amerikanischen Kernstaaten, sagt er, „und mir wird der Ausblick nie langweilig“. Unter den Akkorden der akustischen Gitarre im Titelsong spürt man den Asphalt durch die heiß grollenden Reifen. Mit seiner Begleitband The Dukes (& Dutchesses) hat der überzeugte Texaner Steve Earle sein neues, am 19. April erscheinendes Album „The Low Highway“ aufgenommen.
So fliegt er dahin mit Fiddle und Steel-Guitar: „three thousand miles to the Frisco’s Bay“. Aber es ist kein „On the road“-Klischee als egozentrierte Selbstfindung in Bewegung. Durch die geborstenen Fenster einer Fabrik beobachtet ihn der Geist Amerikas – Steve Earle ist eben auch Schriftsteller und hat nach seinem Roman „I’ll Never Get Out Of This World Alive“ gerade einen Buchvertrag für einen Roman und eine Biografie unterschrieben.
In „Invisible“ wandert der Sänger mit einem Loch im Schuh, das ihn mit dem Boden verbindet. Er ist einsamer Beobachter, zum Leben Getriebener, für alle anderen unsichtbar. Wer Steve Earle hört, hört den Geist des Freundes und traurig schönen, todesdepressiven Countrypredigers Townes Van Zandt. Er hört einen, der sich durch den glockenklingenden Bordun der Straße, wie in „Warren Hellman’s Banjo“, aus der eigenen Hölle des Heroins, Kokains, Alkohols befreien konnte.
Bei all den Hochstaplern, die uns die Erfahrung des ewigen Wanderers vorspielen – Steve Earle hat eine wahrhaftige Leichtigkeit in der vom Leben geschlagenen Stimme. Und die tanzt in „After Mardi Gras“ bis ans Ende.
Steve Earle: „The Low Highway“ (Warner Music)
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