Kritik

"Slowhand" Eric Clapton in München: Der Gitarrengott liest die Messe

Eric Clapton beeindruckt eine fast ausverkaufte Olympiahalle mit seiner Handwerkskunst.
Stefan Weber |
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Eric Clapton stand in der Olympiahalle ziemlich im Dunkeln.
Eric Clapton stand in der Olympiahalle ziemlich im Dunkeln. © Jens Niering

München - Clapton is God. Dieses Graffiti, das Mitte der 1960er Jahren an eine Wand in London gesprüht wurde und seitdem weltberühmt ist, gibt das Motto der Show am Donnerstagabend vor.

Viele, die an diesem Abend in die Olympiahalle pilgern, wollen ihrem Idol huldigen. Und sie werden von dem Gitarrengott nicht enttäuscht. Schließlich ist der mittlerweile 77-Jährige vom Magazin "Rolling Stone" zum zweitbesten Gitarristen der Rockgeschichte (nach Jimi Hendrix) gekürt worden.

Alle Altersgruppen sind im Publikum vertreten

Nach einem erfrischen Auftritt des Support-Acts von The Bluesanovas aus Münster ist die Stimmung in der fast vollbesetzten Olympiahalle fröhlich und ausgelassen. Das Publikum ist sehr heterogen. Männer und Frauen halten sich die Waage. Man sieht Fans zwischen 15 bis 85 Jahren. Eric Clapton begeistert eben jede Altersklasse.

Die lockere Atmosphäre weicht aber schlagartig, als die Rock-Ikone mit seiner siebenköpfigen Begleitband um 21 Uhr die Bühne betritt. Die Leute sitzen ehrfurchtsvoll auf ihren Plätzen, als er seinen ersten Song "Pretending" anstimmt. Die rund 8.000 Fans sind regelrecht ergriffen. Sogar die Handys bleiben in der Tasche. Niemand wagt es zu filmen, um den Meister nicht bei der Arbeit zu stören.

Eric Clapton hält nicht viel von Personenkult

Eine Videoaufnahme hätte auch nicht viel genutzt. Eric Clapton bleibt während des gesamten Konzerts im Dunkeln. Nicht ein einziges Mal wird ein Scheinwerfer auf ihn gerichtet. Ungewöhnlich! Auch auf den beiden Leinwänden, die rechts und links neben der spartanisch gestalteten Bühnendeko hängen, kann man sein Gesicht kaum erkennen.

Obwohl Eric Clapton mit 280 Millionen verkaufter Platten einer der größten Superstars ist, fühlt er sich nicht wie einer und zeigt sich bescheiden. Nichts soll von seiner Musik ablenken, keine Show, keine Deko und auch kein Personenkult. Die Fans werden dafür mit feinster Handwerkskunst belohnt. Mal streichelt er sanft die Saiten, mal lang er richtig zu. Seine Soli sind immer auf dem Punkt.

Bei der Wailers-Coverversion von "I Shot The Sheriff” wagen sogar die ersten Konzertbesucher beim Refrain mitzusingen. Beim Song "White Room" seiner alten Band Cream bricht frenetischer Jubel aus. Offenbar sind viele wegen genau dieser alten Stücke aus den 1960er Jahren gekommen.

Plötzlich fällt dem Gitarristen sein Instrument aus der Hand

Nach diesem Highlight spricht der Gitarrengott das erste und einzige Mal an diesem Abend zu seinem Publikum: "Sorry, we're late for two years." Das war's, mehr kommt heute nicht mehr aus seinem Mund. Er lässt lieber seine Gitarre sprechen. Im folgenden Akustik-Teil der Show knallt und kracht es auf einmal so heftig, dass Eric Clapton bei "Nobody Knows When You're Down and Out" die Gitarre aus der Hand fällt. Er kann den Song nicht zu Ende spielen.

Die kurze Störung ist schnell vergessen. Als die ersten Akkorde von "Layla" ertönen, einer der meistgespielten Rocksongs der 1970er Jahre, feiern die Fans ihr Idol. Doch erst der nächste Song sorgt für einen richtigen Gänsehautmoment, als Eric Clapton seinen Hit "Tears in Heaven" anstimmt. Das Lied schrieb er für seinen vierjährigem Sohn Conor, der auf tragische Weise 1991 in New York aus einem Fenster im 53. Stock fiel.

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Mega-Hit "Cocaine" reißt alle von ihren Stühlen

Die Melancholie verschwindet rasch wieder, als er erneut zur E-Gitarre greift. Den Cream-Song "Badge" spielt er in einer furiosen 10-Minuten-Version. Bei "Wonderful Tonight" wird es wieder ruhiger. Die Besucher der Olympiahalle schalten die Taschenlampen ihrer Handys an und erzeugen eine tolle Atmosphäre. Das Highlight des Abends ist aber zweifelsfrei der Mega-Hit "Cocaine".

Die Fans in der bestuhlten Arena stürmen zur Bühne, wollen ihrem Gitarrengott ganz nahe sein. Die ganze Arena verwandelt sich in eine große Menschentraube. Als Zugabe gibt's den Joe-Cocker-Song "High Time We Went”. Dann ist um 22.43 Uhr Schluss. Als der Gitarrengott die Bühne verlässt, ist die Messe gelesen. Halleluja, was für ein Abend!

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  • Münchner_089 am 04.06.2022 16:23 Uhr / Bewertung:

    Ich war wohl am Donnerstag auf einem anderen Konzert.

    Für 200€ war das eine Frechheit. Knapp 1h und 20 Minuten nur gespielt (inkl. Unterbrechung wegen technischer Probleme und Zugabe). Zugabe war ja auch nur ein einziger Song!

    Es kam eigentlich nie Stimmung auf in der Halle. Immer wieder riefen Fans laut in die Menge, dass Eric Clapton doch mal beleuchtet werden soll. Andere Antworteten dann mit "Halts Maul".
    Es war eher eine aggressive Stimmung, als eine ausgelassene. Nur beim letzten Song wurde es besser.

    Auf den Leinwänden wurde er kein einziges Mal in groß gezeigt.

    Zudem war die Lautstärke echt leise.

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