Kritik

Schepperte und rumpelte: So schlecht lief das Jubiläum von "Klassik am Odeonsplatz" in München

Das Konzert des BR-Symphonieorchesters vor der eingerüsteten Feldherrnhalle am Samstag enttäuscht durch miserablen Klang.
Robert Braunmüller
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„Klassik am Odeonsplatz“ mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.
Marcus Schlaf 6 „Klassik am Odeonsplatz“ mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.
Blick auf die erste Reihe am ersten Abend von Klassik am Odeonsplatz.
Marcus Schlaf 6 Blick auf die erste Reihe am ersten Abend von Klassik am Odeonsplatz.
Marek Wiechers, ein BR-Moderator und die Intendantin Barbara Wildermuth,
Marcus Schlaf 6 Marek Wiechers, ein BR-Moderator und die Intendantin Barbara Wildermuth,
Der Dirigent Franz Welser-Möst ist ein exzellenter Strauss-Dirigent. Aber das teilte sich wegen der schlechten Tontechnik nicht mit.
Marcus Schlaf 6 Der Dirigent Franz Welser-Möst ist ein exzellenter Strauss-Dirigent. Aber das teilte sich wegen der schlechten Tontechnik nicht mit.
Klassik am Odeonsplatz vor Sonnenuntergang.
Marcus Schlaf 6 Klassik am Odeonsplatz vor Sonnenuntergang.
Der Pianist Daniil Trifonov mit dem Dirigenten Franz Welser-Möst.
Marcus Schlaf 6 Der Pianist Daniil Trifonov mit dem Dirigenten Franz Welser-Möst.

Die BR-Intendantin Katja Wildermuth pries in angenehm oberbayerischer Stimmfärbung die verbindende Macht der Musik im Allgemeinen und die besondere Rolle des Bayerischen Rundfunks. Der neue städtische Kulturreferent Marek Wiechers lobte das breite kulturpolitische Engagement der Landeshauptstadt vom neuen Stadtteilkulturzentrum Luise über den Kocherlball-Tanzkurs bis zu "Klassik am Odeonsplatz". Er gehe gern in Konzerte, versicherte Wiechers glaubhaft, und zwar vom HipHop bis zur Klassik.

Das sonst unvermeidliche Wort vom schönsten Konzertsaal Münchens wurde zum 25. Geburtstag der Konzertreihe diesmal vermieden: Die Feldherrnhalle ist eingerüstet, weshalb die Musikerinnen und Musiker der beiden Münchner Konzertorchester davor auf einer mobilen Bühne spielen. Die ist bis zu den Fahnenmasten vorgerückt, was dazu führt, dass statt 8000 nur 7000 Besucher pro Abend Platz finden.

Die versöhnliche Verkleidung des Podiums mit einer Stein-Imitation hätte es nicht gebraucht: "Klassik am Odeonsplatz" wirkt nicht, als würde auf einer Baustelle gespielt. Die Stimmung ist bei lauen Sommertemperaturen kaum anders als in den Vorjahren. Und auch früher waren Residenz oder die Theatinerkirche eingerüstet, ohne dass es besonders gestört hätte.

Marek Wiechers, ein BR-Moderator und die Intendantin Barbara Wildermuth,
Marek Wiechers, ein BR-Moderator und die Intendantin Barbara Wildermuth, © Marcus Schlaf

Schaden hat nicht die viel beschworene Atmosphäre genommen, sondern der Sound. Der war in den vergangenen Jahren so gut, dass auch Verächter verstärkter Klassik-Konzerte zufriedengestellt werden konnten, zumal sich im vorderen Drittel der Klang der Orchester so perfekt mit den Lautsprechern mischte, dass man nie den Eindruck hatte, einer Konserve zu lauschen.

Topfig und scheppernd

Das ist nun – vorerst – vorbei. Das einleitende Klarinettensolo in Sergej Prokofjews Klavierkonzert Nr. 3 klang noch ganz vielversprechend. Dann schepperte und rumpelte es nur noch. Der Pianist Daniil Trifonov klirrte, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hörte sich aus der 17. Reihe topfig, unnatürlich und billig an. Es klang, als hätte man ein Kurzwellenradio in eine Gulaschkanone gestellt.

Klassik am Odeonsplatz vor Sonnenuntergang.
Klassik am Odeonsplatz vor Sonnenuntergang. © Marcus Schlaf

Aus den vorderen und hinteren Reihen wird unterschiedliches berichtet: zwischen "ganz ok", zu leise und etwas flach. Wirklich zufriedenstellend scheint es nirgendwo gewesen zu sein. Dass dieses überdachte Podium den Schall eher ungünstig reflektiert, ist von Auftritten des Bayerischen Staatsorchesters am Marstall- und Max-Joseph-Platz bekannt. Nur: Da hat man die Verstärkung besser im Griff, und bei diesen Konzerten wird – im Unterschied zu "Klassik am Odeonsplatz" – kein Eintritt verlangt. Sie sind dank eines Sponsors kostenlos.

Seit 25 Jahren keine Infos über Zugaben

Prokofjews Maschinenmusik mit ihrem Dauerforte dürfte sich ohnehin nur bedingt für eine Verstärkung eignen. Auch die im Konzertsaal üblicherweise hinreißende Wirkung der Virtuosität von Daniil Trifonov stellte sich nur sehr bedingt ein. Sein Klavierspiel wirkte nicht leichthändig, sondern eher angestrengt. Und wenn das Klavier vor allem scheppert, ist diese Musik kein Vergnügen mehr.

Der Pianist Daniil Trifonov mit dem Dirigenten Franz Welser-Möst.
Der Pianist Daniil Trifonov mit dem Dirigenten Franz Welser-Möst. © Marcus Schlaf

Der Pianist spielte als Zugabe noch Prokofjews "Vision fugitive" Nr. 10. Und wieder mal fragte man sich, wieso es nicht möglich ist, den Titel auf der Videowand einzublenden oder wenigstens vom Sprecher nachträglich noch ansagen zu lassen: Schließlich richten sich diese Konzerte nicht an Experten, sondern an die zwischen den Sätzen klatschende Allgemeinheit.

Die feine Ironie ging beim "Rosenkavalier" verloren 

Nach der Pause folgte eine vom Dirigenten Franz Welser-Möst zusammengestellte Suite aus der Oper "Der Rosenkavalier" von Richard Strauss. Dass der 64-Jährige diese Musik mit einer unnachahmlichen Mischung aus Gefühl und Klarheit dirigiert, wissen alle, die diese Oper schon unter seiner Leitung gehört haben – etwa vor zehn Jahren bei den Salzburger Festspielen.

Der Dirigent Franz Welser-Möst ist ein exzellenter Strauss-Dirigent. Aber das teilte sich wegen der schlechten Tontechnik nicht mit.
Der Dirigent Franz Welser-Möst ist ein exzellenter Strauss-Dirigent. Aber das teilte sich wegen der schlechten Tontechnik nicht mit. © Marcus Schlaf

Auf dem Odeonsplatz teilte sich das alles nur sehr bedingt mit. Schon das Vorspiel mit seinen Hornrufen wirkte eher matt, der auch etwas langsam interpretierten Rosen-Überreichung fehlte es an jenem Glanz, der die Musik von Richard Strauss so attraktiv macht.

Wieder tönt das Orchester unangemessen flach nach Provinz und nicht nach Weltklasse. Die Pauken donnern alles zu, ein von der Tontechnik ignoriertes Solo des Konzertmeisters verliert sich im Ungefähren. Immerhin wirkten die Walzer aus dem zweiten und dritten Akt recht schwungvoll. Aber die feine Ironie, mit der der Komponist aus Bayern hier auf die Musik seiner österreichischen Namensvetter anspielt, kam nicht heraus.

Blick auf die erste Reihe am ersten Abend von Klassik am Odeonsplatz.
Blick auf die erste Reihe am ersten Abend von Klassik am Odeonsplatz. © Marcus Schlaf

Johann, der Berühmteste aus der Strauss-Dynastie fegte mit der Schnellpolka "Unter Donner und Blitz" als Zugabe den allzu süßen Duett- und Terzettschluss der Oper seines Kollegen vom Platz. Plötzlich störte der miserable Klang nicht mehr. Doch da war der höfliche Beifall bereits in sich zusammengefallen und das Orchester auf dem Sprung nach Hause.

Wichtige Aufgabe für kommende Konzerte

Man musste sich an diesem Abend ein wenig an die schönen Bilder auf den beiden Videowänden aus dem Kamera-Kran mit dem Fernblick über die Stadt bis zum Guffert halten. Am Klang werde kontinuierlich gearbeitet, so ist vom Veranstalter zu hören. Und das ist auch bitter nötig, um den guten Ruf der zuletzt rasch ausverkauften Veranstaltung nicht zu ruinieren. Die Feldherrnhalle bleibt noch zwei weitere Sommer eine Baustelle. Und wie man von staatlichen Baumaßnahmen weiß: Derlei ist eher eine Mindestangabe.

Ein Stream des Konzerts auf ARD Klassik und in der ARD-Mediathek. Das Erste sendet am 20. Juli umd 23.35 Uhr ein Best-of beider Konzerte

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