Russen ohne Wodkadunst und Rauschebärte
Manche Namen stehen für stolze Musikerdynastien. Beim Järvi-Clan dirigierte schon Vater Neeme, Sohn Paavo folgte ihm – künstlerisch sogar weit aufregender als der Papa. Anders schaut es bei den Petrenkos der Klassik-Szene aus. Mikhail singt, wohingegen Kirill und Vasily dirigieren. Auch wenn alle drei in den 1970ern geboren sind, haben sie nur ihren Namen gemein. Und auch künstlerisch eint Kirill und Vasily Petrenko wenig. Wo unser neuer Staatsopern-GMD mit Verstand und profunder Musikalität um Wahrhaftigkeit ringt, wirkt der aus St. Petersburg stammende Vasily Petrenko etwas gelackt.
Dass er und das Russian National Orchestra bei ihrem Gastspiel im Gasteig trotzdem obsiegten, lag an dem schwachen Solisten Tzimon Barto. In Peter Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 verschleppte er zu Beginn das Tempo. Barto wirkte unsicher und unkonzentriert, über einige Patzer musste man hinweghören. Zwar gab es im langsamen Satz durchaus Momente von beseelter Ruhe, überwiegend aber blieb dieser Tschaikowsky zäh und gehemmt. Barto flüchtete sich in dekorativ perlende Träumereien, die bald schon abperlten – diffus und indifferent. Erst im Finale taute Barto auf, um effektvoll in die Tasten zu greifen – ein ärgerliches Schielen auf den Beifall.
Umso transparenter und klarer waren in Antonin Dvoráks Symphonie „Aus der neuen Welt“ sowie in dem Tonmärchen „Der verzauberte See“ von Anatoli Liadow die Streicher- und Bläserfarben gezeichnet. Ein russisches Orchester war zu hören, das nicht dem Klischee eines saftig-derben „russischen Klangs“ entsprach – trotz der bei Dvoráks Neunter sehr präsenten Pauken. Kulinarische Häppchen als Zugabe rundeten den etwas blutleeren Abend ab.
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