Pink rockt den Circus Krone
Pink stellte am Freitagabend ihr neues Album "The Truth About Liebe" vor, mit einem Exklusivkonzert im Circus Krone.
München - Die Karten für ihr Konzert waren innerhalb von Minuten ausverkauft. Ist ja auch nicht alltäglich, dass Pink, die locker die Stadien füllt, am Veröffentlichungstag ihres neuen Albums „The Truth About Liebe“, am Freitagabend, das Werk im vergleichsweise intimen Circus Krone vorstellt. An der linken Seite des Circus geht es durch den Vorhang zur Pressekonferenz. Pink, in aufgekrempeltem Hemd, wird noch nachgeschminkt. Journalisten und Labelmenschen sind hibbelig.
Die Technik aus London kam zu spät, Verzögerung, ohgott-ohgott... Neu-Mama Pink ist cool: „Ich fühle mich, als wäre ich auf einem Boot gewesen und würde jetzt an Land gehen.“ Was gibt’s sonst noch? Obama unterstützt sie, würde ihm aber keinen Song schreiben. Mitt Romney würde im Falle eines Wahlsieges vielleicht sogar einen bekommen – dann könnte er sich aber warm anziehen. Ach ja: Im Januar beginnen die Tourproben, im Mai will sie uns besuchen.
Die Lebens-Liebes-Beraterin
Mit ihrer Hin-Her-Beziehung/Ehe mit Carey Hart hat Pink sich die Befähigung als Lebens-Liebes-Beraterin ehrlich erarbeitet. Pink an den Drums, so startet sie im Krone. Zum Einstieg ins Konzert und ins Album wird es philosophisch: „Are We All We Are“ heißt die Nummer, die Pink auf Platte zum gesampelten Massenjubel abfährt.
Dann röcheln Synthesizer, als würde man eine Kirmesorgel rückwärts abspielen. Klar, der Köder für ein Album dieser Größenordnung muss die noch frische Live-Euphorie ihrer letzten Tour sein. Aus dieser Erinnerung ziehen Pink und ihr Produzententeam einen Song, der wieder in das Pop-Stadien-System des Globus’ gespeist werden kann. Und genau das beweist auch der Live-Auftritt.
Ähnliches wiederholt sich auf CD bei der Single-Auskopplung „Blow Me (One Last Kiss)“. Die Pink-Stimme – im Refrain gedoppelt – darf sich charakterlos glatt in jeden Autoradiolautsprecher dieser Welt schmiegen und mit ihrer Omnipräsenz ästhetische Kritik beiseite fegen.
Natürlich bleibt ein im Detail überlegtes Album auf dieser Stufe nicht stehen, denn Pink als Sängerin lebt von einer Stimme, deren Drehzahlmesser glüht. In „Try“ wird sie von Flammen geläutert, die schmerzen, aber nicht töten. Live ist das ein Übersong, der noch jede Discokugel zum Weinen bringt. Bis auf die Lightshow zeigt das für Pink-Verhältnisse minimalistische Kronekonzert, wie diese Performerprinzessin mit jeder Geste ihr Publikum dirigiert.
Alte Hit-Bonbons im Circus
Auf CD sorgt für wallende Gefühle auch die nächste Nummer mit Duettpartner Nate Ruess „Just Give Me A Reason“, eine erstmal zurückgenommene Pianoballade. Im Konzert gibt uns „Family Portrait“ den Pianosoul-Moment, gefolgt von „Who Knew“ zur Akustikgitarre und „Dear Mr. President“. „You And Your Hand“, „Fuckin’ Perfect“ – mit dieser wunderlässigen Band gibt Pink live dem Publikum natürlich neben Neuem wie „How Come You’re Not Here“ das das Publikum zum Glück stampft, auch ältere Hit-Bonbons.
Ihr Album erweitert das Repertoire stetig. Eminems Rap-Part in „Here Comes The Weekend“. Gitarrenromantik mit Streichern für teelichterilluminierte Privatpartys in „Beam Me Up“. Und immer wieder Electro-Disco – man kann den stilistischen Wildwuchs als das sehen, was er auch ist: Erfolgskalkulation.
Die fügt sich allerdings bestens ins Konzept des Albums – so etwas gibt es selbst in Zeiten des Downloads. Die Wahrheit über die Liebe muss nicht ins Handtäschchen passen: „Manchmal hasse ich jedes blöde Wort, das du sagst“, singt Pink in „True Liebe“.<CS8.4> Noch deutlicher: „Du bist ein Arschloch, aber ich Liebe.“ Über die Liebe kommt Pink zu ihrem Gegenkonzept gegen ferngesteuerte Popmäuse, das natürlich nicht aus den Produktionsbedingungen ausbricht, sich aber in der Mischung aus eigener Biografie, Sound und Tätowierungen wunderbar ausstellen lässt.
„Slut Like You“ – im Refrain angelehnt an Blurs „Song 2“, geht das mit Glamrock-Referenzen bis zur, auf die Small Faces zurückgehenden, versauten Rock-Formel „Wham bam, thank you Mam“. Sex ist kein Vorrecht der Macho-Rock-Cliquen. Das ist zwar nicht neu, kann aber nicht oft genug gesungen werden – zumal von dieser Stimme.
Pink: „The Truth About Liebe“ (Sony Music)
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