Philipp Poisel: "Dass mein Gesang stört, spornt mich an"
Wenn Philipp Poisel singt, wird der Raum erfüllt von Emotionen und Sehnsüchten. Doch sein neues Album "Mein Amerika" beleuchtet zudem eine ganz neue Seite des Liedermachers. Ein Interview über Kindheitsträume und zittrige Stimmen.
Seine gefühlvollen Texte gepaart mit seiner brüchigen Stimme machten Songs von Philipp Poisel (33, "Wie soll ein Mensch das ertragen") unverwechselbar. Fünf Jahre nach seinem letzten Album "Projekt Seerosenteich" wagte er sich nun in ein neues Abenteuer, das da heißt: "Amerika". Für dieses Album, das ganz anders ist, als seine vorherigen Werke, reiste der Schwabe extra ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. So vereint er die Band, seinen weiterentwickelten Gesang, seine Kindheitserinnerungen und natürlich viel Gefühl. Das Album "Mein Amerika" erscheint am 17. Februar 2017. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt der Sänger, was Amerika für ihn bedeutet und warum er im neuen Album viel lauter und deutlicher singt, als man es von ihm kennt.
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Was ist das besondere an "Mein Amerika"?
Philipp Poisel: Es war für mich stimmlich anspruchsvoller. Außerdem gab es mehr Einflussmöglichkeiten und Freiraum für die Band. Zum ersten Mal gibt es mehr Band als Solo. Ich genieße es, wenn die Band mit mir auf der Bühne steht und ich diesmal vielleicht mehr ein Sänger einer Band bin, als ein Solosänger. Trotzdem brauchte ich etwas, was ich nur für mich mache. Da habe ich das Malen für mich entdeckt. Damit kann ich machen, was ich möchte und wenn es mir nicht gefällt, werfe ich es einfach in den Müll - ohne, dass jemand etwas dazu sagt.
Kommt das Album mit genau diesem Titel nicht zu einer ungünstigen Zeit?
Philipp Poisel: Im Album geht es um Amerika aus meiner Sicht. Die Leute fragen mich immer: "Warum Amerika, gerade jetzt mit Donald Trump?" Darum will ich betonen und mich auch selbst immer dran erinnern, dass es ein Stück weit das Amerika meiner Kindheit ist und die vielen Facetten aus meiner Sichtweise auf das Land betrachtet werden. Da gehört mehr dazu, als eine aktuelle politische Lage.
Sie haben das Album in den Blackbird Studios in Tennessee aufgenommen, wo auch schon Weltstars wie Red Hot Chili Peppers, Lionel Richie oder Taylor Swift gearbeitet haben. Macht es einen Unterschied, zu wissen, in welchen Fußstapfen man gerade steht?
Philipp Poisel: Man redet es sich auf jeden Fall ein und sagt sich: "Voll cool, wer hier schon war!" Ob man natürlich, um so eine CD zu machen, dorthin fahren muss, weiß ich nicht. Aber es hat die CD gehörig mit beeinflusst - allein durch die hohe Professionalität, die dort alle an den Tag legen. Als wir mit unserer langsamen Geschwindigkeit da ankamen und erstmal noch die Songs durchspielen wollten, hatte man dort schon drei Tage vorher alles aufgebaut. So etwas spornt auf jeden Fall an und ich würde mich beim nächsten Mal noch besser vorbereiten, denn man möchte sich dann als deutsche Band auch nicht die Blöße geben, unvorbereitet zu wirken. Aber wir haben anscheinend einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Ein paar Sachen haben sie sogar mit amerikanischen Bands verglichen.
Eine große Veränderung im neuen Album von Philipp Poisel: Mehr Band, weniger Solo Foto:Grönland Records
Ihr Gesang wurde früher stark kritisiert. Trotzdem haben Sie immer weiter gesungen und ihre Songs haben sich durch die zittrige, vielleicht nicht perfekte, aber gefühlvolle Stimme ausgezeichnet. Im neuen Album hat sich ihr Gesang doch stark verändert...
Philipp Poisel: Ich habe schon früher gerne gesungen. Dass ich offensichtlich jemanden damit störe, hat mich angespornt. Ich wollte nicht damit aufhören, ich wollte, dass es anderen gefällt. Dann gab es einmal einen Moment, in dem ich alleine in einer großen Halle vor dem Mikrofon stand. Ich habe einfach ganz laut reingerufen und dabei gemerkt, dass ich so etwas auch mal ausprobieren könnte. Richtig singen, die Stimme vibrieren hören, eine Körperlichkeit beim Singen spüren. Früher zu Hause konnte ich nie laut sein. Auf der Bühne habe ich mir dann vorgestellt, ein Teil einer großen Band wie Kings of Leon zu sein und wie ich mich mit meiner lauten Stimme gegen die Musik durchsetze. Das ist jetzt eine andere Seite von mir, die man bisher noch nicht kannte. Ich würde mir wünschen, dass es die alten Lieder um ein paar neuen Facetten von mir ergänzt. Ich glaube, dass beides zu mir gehört, dass es das Alte aber auf jeden Fall noch gibt.
Sie haben einmal gesagt, dass Ihr Vater kritisiert hat, er würde Ihre Musik zwar schön finden, die Wörter aber nicht verstehen. Auf der neuen Platte singen Sie sehr deutlich, man kann alle Songs sofort verstehen. War das bewusst?
Philipp Poisel: Mir selbst ist es nie so krass aufgefallen. Nachdem wir lange live gespielt haben, habe ich "Wo fängt dein Himmel an?" noch einmal angehört und da dachte ich: "Krass, ich verstehe es selber ja gar nicht." Irgendwo dazwischen bin ich vielleicht zu Hause. Mal gucken, wie sich das einpendelt in den nächsten Jahren. Am schönsten finde ich es, zu singen, wenn ich in dem Moment an andere Dinge denken kann als daran, wie es gerade für andere klingt. Lieber fühle ich, was ich singe.
Die Metaphern in Ihren Songs sind wohl das, was jede Frau gerne von ihrem Mann hören würde. Wie kommen Sie auf diese bildlichen Ausdrücke?
Philipp Poisel: Ich kann mich mit Musik viel besser ausdrücken, als mit Sprache alleine. Ich habe früh gelernt, mich mit Musik auszudrücken, weil es für mich die einzige Möglichkeit war, Emotionen Ausdruck zu verleihen. Ich glaube, ich denke auch viel in Bildern, ich habe immer Bilder im Kopf. Viele Sachen kann ich eben nur durch Musik sagen. Sachen, die ich fühle und wo sich manche Leute fragen, warum ich ihnen das nicht ins Gesicht sagen kann.
Sie haben schon einmal mit Matthias Schweighöfer gesungen. Jetzt singt er auch alleine...
Philipp Poisel: Er hat das Problem, dass er schon sehr bekannt ist. In meinen Anfängen war ich nicht direkt einem riesigen Publikum ausgesetzt. Ich glaube, dass er Potenzial hat. Natürlich merkt man, dass er sich nicht sein ganzes Leben lang damit auseinandergesetzt hat. Aber ich glaube, dass es sein großer Traum war, auch Musik zu machen, denn er hat eine riesige Leidenschaft dafür. So, wie ich male, setzt er sich nach Drehs dann ans Klavier. Dass das also ein wichtiger Aspekt in seinem Leben ist, den er noch beleuchten und ausleben will, verstehe ich total gut und ich bin gespannt, was noch kommt.
Das Video zu "Erkläre mir die Liebe" ist im Stil der Neunziger gemacht...
Philipp Poisel: Vieles vom Sound des Albums ist geprägt von den Songs, die ich früher im Radio gehört habe. Damit bin ich aufgewachsen. Das ist ein Teil meiner Persönlichkeit und Biographie. Diese Ära hat eine große Rolle für mich gespielt, da habe ich angefangen, Musik zu machen.
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