Operngala ohne Diva: Die Konzerte der Osterfestspiele Salzburg

Nach dem zweiten Konzert bedankte sich ein Paar bei einer Garderobenfrau im Großen Festspielhaus für den Rat, nach der Pause doch noch zu bleiben und die Symphonie Nr. 2 von Jean Sibelius zu hören. Die dirigierte Esa-Pekka Salonen mit dem Schwerpunkt auf den gestauten Energien und mithin gegen das Klischee von der finnischen Breitwandmusik, so dass sie auch Skeptiker überzeugte, die mit Sibelius fremdeln.
Das Paar hatte sich zuvor am Cellokonzert des Dirigenten gestört. Das 2017 uraufgeführte Werk ist keineswegs ein Angriff auf die Ohren und im Unterschied zu vielen anderen modernen Cellokonzerten auch nicht gegen das Instrument komponiert.
Die junge Solistin Senja Rummukainen durfte viel melancholisch singen. Im zweiten Satz trat sie technisch vermittelt mit sich selbst in einen Dialog, zuletzt kam ein Schlagzeuger nach vorn, um die Solistin auf einem Set von Congas und anderen Trommeln zu begleiten. Salonen komponiert sehr anständige Kapellmeistermusik. Ob es der Sache wirklich dient, dass der dieser Dirigent Veranstaltern regelmäßig die eigenen Werke aufzwingt, darüber lässt sich streiten.
Das Finnish Radio Symphony Orchestra war die Entdeckung dieser Osterfestspiele. Die Finnen sind das letzte Gastorchester vor der Rückkehr der Berliner Philharmoniker im nächsten Jahr. Sie gehören vielleicht nicht zu den allerobersten Top Five. Aber das Orchester hat gute Solisten, einen warmen Streicherklang und ein sonores Blech. Es ist ein Vergnügen, ihnen zuzuhören. Was vielleicht fehlt, ist die höchste technische Brillanz und der eigene, unverwechselbare Klang.
Zur Abwechslung Tango
Alle seine Qualitäten spielte das Orchester in einer bemerkenswerten Aufführung von Gustav Mahlers Symphonie Nr. 2 aus, bei der nur herausragende Solistinnen zur Denkwürdigkeit fehlten. Vom einleitenden Tremolo an, spätestens jedoch ab dem scharf gespielten Hauptthema, herrschte eine bis zum Schluss nicht abreißende Hochspannung, die aber nie übertrieben oder exaltiert wirkte. Auch Heikles wie das Posaunensolo im vierten Satz entwickelte sich ganz aus dem Orchesterklang heraus.

Leider brauchte die Mezzosopranistin Jasmin White das "Urlicht", um sich einzusingen. Aber sie steigerte sich im Finale mit der Sopranistin Julie Roset beträchtlich. Und mit dem wie immer präzise und warm singenden Chor des Bayerischen Rundfunks kann ohnehin nichts schiefgehen (Einstudierung: Howard Arman).
Nach dem zweiten Konzert luden einige Musikerinnen und Musiker mit der Sopranistin Elena Juntunen zu einem Tango-Abend in die Szene Salzburg - eine willkommene Abwechslung mit viel finnischer Selbstironie. Zuletzt vertrat die Sängerin die These, dass sich jede Musik in Tango verwandeln lasse. Angetreten wurde der Beweis nicht mit Mozart, sondern mit Conchita Wursts "Rise Like a Phoenix" - kaum wiederzuerkennen, aber ohne zweifel sehr finnisch und originell.
Gala ohne Stars
Weniger Glück hatten die Osterfestspiele mit einem absurderweise als "Orchesterkonzert II" gelabelten Arienabend, dem kurzfristig die Dirigentin Tabita Berglund und der Bariton Simon Keenlyside abhanden gekommen waren. Sondra Radvanovsky stellte mit zwei Kleidern eine Diva dar. Für die Briefszene aus "Eugen Onegin" ist ihre Stimme allerdings zu reif, bei der Lady Macbeth und Musik des Verismo mögen ihre Schärfen angehen. Der Bariton Boris Pinkhasovich bot Solides. Und wenn der Koreaner Seojong Baek vielleicht einmal an sizilianischem Wein nippt, mag er noch ein italienischer Tenor werden.

Der Brite Finnegan Downie Dear bewegte sich mit dem Mozarteumorchester sicher durch das russische und italienische Repertoire. Bei Szenen aus Umberto Giordanos "Fedora" und "Andrea Chenier" fehlte es allerdings an Schwung. Und wer eine Operngala mit drei Sängern veranstaltet, müsste auch für eine Zugabe - ein Terzett - sorgen und das Publikum nicht einfach so wegschicken.
Weil das Publikum der Osterfestspiele Salzburg große Namen schätzt, blieben durchwegs Plätze frei. Das dürfte sich im nächsten Jahr wieder ändern, wenn Kirill Petrenko den "Ring des Nibelungen" mit dem "Rheingold" beginnt und Mahlers "Symphonie der Tausend" wuchtet.
Mahlers Zweite wird am Ostersonntag um 19 Uhr im Großen Festspielhaus wiederholt. Restkarten und Infos unter osterfestspiele.at