Kritik

Neues "Vodeon"-Programm: Mit jazziger Entspanntheit

Das Ensemble "Vodeon" mit Werken von Bartók, Igor Strawinsky und Lili Boulanger im Münchner Herkulessaal.
Michael Bastian Weiß |
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Das Ensemble Vodeon.
Das Ensemble Vodeon. © Christian Palm

München - Ein Konzert von Vodeon ist wie ein Überraschungs-Ei: Man weiß nicht genau, was drin ist, kann aber darauf vertrauen, dass man sich darüber freuen wird. 

Voedon: Schier unendlich scheinender Pool von befreundeten Musikern

Das Spektrum reicht von der Renaissance-Messe über das romantische Melodram mit Rezitation bis zur modernen Entdeckung wie im aktuellen Programm "Das Orchester der Klaviere".

Im Kern besteht das Münchner Ensemble, das gerade den Bayerischen Kunstförderpreis erhalten hat, ungewöhnlicherweise aus zwei Sängern und einem Dirigenten: Hana Katsenes mit ihrem ruhestiftenden, dabei sinnlichen Alt, der höhenstarke und bewegliche Tenor Berthold Schindler und der Ensembleleiter Clayton Bowman suchen sich für ihre originellen Programme Vokalisten und Instrumentalisten aus einem schier unendlich scheinenden Pool von befreundeten Musikerinnen und Musikern aus.

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Dieses Mal stehen ein professioneller Kammerchor und bis zu vier Klaviere und sechs Schlagzeuger auf der Bühne des Herkulessaals, und man kann sich kaum entscheiden, welches der drei äußerst selten gespielten Werke das spektakulärste ist. Am verdienstvollsten ist es, dass Vodeon die Psalmenvertonung "Du fond de l'abime" von Lili Boulanger aufführt, ein zwischen Klangmystik und expressionistischer Beunruhigung changierendes Meisterwerk.

Ewa Danilewska: Wenn die Musik ins Swingen gerät

In seinen durchlässigen Chorklang kann das 25-köpfige Walkenried Consort helle Mischfarben einbringen. Clayton Bowman steuert das wellenartige Auf- und Ab der Musik auf einen überzeugenden Höhepunkt zu.

Bei Béla Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagwerk würde man es verstehen, wenn sich die Instrumentalisten einen Dirigenten gönnen würden, so vertrackt sind die vier einander ständig gegenläufigen Stimmen zu koordinieren. Ewa Danilewska aber spielt nicht nur den ersten Klavierpart mit hör- und sichtbarer Lust am Komplizierten, sondern ersetzt dazu noch einen vollgültigen Taktschläger, und zwar so nonchalant, dass die Musik oftmals ins Swingen gerät.

Gespanntes Warten auf das nächste Überraschungs-Ei von Vodeon

Eine solche jazzige Entspanntheit ist in der Tanzkantate "Les Noces" (Die Hochzeit) von Igor Strawinsky nicht bloß unmöglich, sie ist auch nicht intendiert. Clayton Bowman schafft es eindrücklicher als vor zehn Jahren Valery Gergiev, das kultisch-obsessive Moment dieses Vokalballetts zu feiern.

Zu den Vodeon-Solisten Hana Katsenes und Berthold Schindler (die übrigens bereits verheiratet sind) kommen der materialreiche lyrische Bariton Ansgar Theis und Flore Van Meerssche dazu, deren Sopran selbst in der Mitte hypnotisch leuchtet. Auf das nächste konzertante Überraschungs-Ei von Vodeon sind wir jetzt schon gespannt.

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